zu. „Lieber Gott," sagt sie leise, indem sie das Antlitz wieder der Wasserfläche zuwendet, „ich glaube, das ist die schönste Stunde, die ich bisher erlebt habe!" Dann breitet sie die Arme aus, als wollte sie jemanden umfangen, und geht langsam mit schwe benden Schritten ins Meer hinein. * Heinrich Ukat, der nunmehrige Chef und Besitzer der Welt firma „Horace Ukats Söhne", war mit dem Trajekt aus Dänemark in Warnemünde angekommen und beschloß, der außerordentlichen Hitze wegen, nicht gleich nach Berlin
weiter zufahren, sondern bis zum nächsten Tag zu bleiben. Er befand sich in Begleitung seines Sekretärs und eines Dieners. Das Auto war von Berlin nach Warnemünde gekommen, um ihn abzuholen. Der Nachmittag war drückend heiß. Heinrich Ukat sah vom Balkon seines Hotelzimmers herab auf das buntfarbige Bade leben. Es war überall das gleiche: An allen Meeresküsten paradierten mehr oder minder luxuriöse Strandkostümierungen mit den Reizen ihrer Trägerinnen. Das ging einem allgemach auf die Nerven. Wenn man vierzig
Jahre zählt und die ersten grauen Haare an den Schläfen schimmern, wenn man außer dem ein Millionenkönig ist, der auf allen Kontinenten das Leben genossen hat, dann sehnt man sich nach Einsamkeit. Heinrich Ukat beschloß, den Nachmittag ganz allein zu ver bringen und irgendwo weit draußen, wo keine Menschen ihn stören konnten, zu baden. Er befahl also das Auto, pfiff seinem kleinen Dackelhund, ließ sich sein Badezeug geben und sagte dem Chauffeur, er möge längs des Strandes hinausfahren. Es ging
am Kurpark vorbei, dann sah man linker Hand die Rostocker Heide, ganz fern erhoben sich wie eine Fata Morgana die Türme der Stadt, rechter Hand aber dehnte sich das Meer, das ruhig erglänzte wie ein grünseidenes Tuch. Der Chauffeur wandte sich um und meldete in respektvollem Tone, daß Wolken aus dem Westen kämen und man vielleicht mit einem Gewitter zu rechnen habe. Auch Heinrich Ukat hatte es schon bemerkt. Er befahl, stehen zu bleiben und auf seine Rückkehr zu warten. „Für ein Bad reicht es schon
noch!" Der Dackel sprang aus dem Wagen und platschte mit komi schen Sprüngen in den Sand hinein. Heinrich Ukat folgte nach. Er war sehr groß, viel größer als normale Menschen, und hatte das sympathische, glattrasierte Gesicht eines ruhigen Nordländers. Das Badetrikot unter den Arm geklemmt, wan- derte er mit langen Schritten längs der angleitenden Wellen im nassen Sand dahin. Als Spur seiner Füße zeigte sich „Triumph, die unerreichte Gummisohle". Ja, hier war man wirklich allein auf der Welt. Das freute