/ Don Aicharä Gerla ch Dainals wußte ich noch nicht, wie Rembrandt ausgesehen hat. Ich war ein Junge, und Maler Tiel war der einzige Künstler, den ich kannte. Er war kein ganz richtiger Künstler, er war eigentlich Anstreicher gewesen, aber er hatte sich von seinem biederen Handwerk mit den Jahren mehr und mehr der Oelmalerei zugewandt. Heute weih ich, daß Maler Tiel tat> sächlich eine gewisse Aehnlichkeit mit dem alten Rembrandt gehabt oder angestrebt haben muß, und auch über seinen Zü gen lag
jedenfalls Entsagung und Ent> täuschung, gleichwohl aber auch zuweilen ein Lächeln, das damit fertig wurde. Seine Kunst bestand darin, daß er nach irgendwelchen bunten Heide» oder Meer-Postkarten Oelgemälde in jeder ge wünschten Größe ausführte, und das hat te er nicht etwa auf einer Kunstschule ge lernt, sondern ganz aus sich selber. Seine Bilder waren billig, und da er auch wie ein echter Maler aussah, hatte er immer genug Aufträge, nicht gerade von Kunst kennern. sondern von Leuten, die in ihrer guten
Stube auch ein richtiges Oelgemäl de zwischen den Drucken und Photogra phien hängen haben wollten. Der alte Tiel vinselte immer hübsch säu berlich die Vorlage ab. Wenn auf einer Birke eine Elster saß, wurde es wieder ei ne Elster und nie ein anderer Vogel, er hatte keine eigenen Einfälle, aber mit den Farben wußte er umzugehen, und unver merkt kam eine Stimmung in seine Bil der. die der dargestellten Landschaft ganz entsprach. Eines Tages kam ein wirklicher Maler in unser Städtchen und entdeckte
zu seiner Ueberraschung bei einer entfernten Ver wandten eine Bornholmer Landschaft von sich, von der er glaubte, sie hinge in der Leipziger Galerie. Sie war vor einigen Jahren für dreitausend Mark angekauft worden. Es war sein Bild, ein Mädchen stand mit wehendem Kopstuch auf dem Felsoorsprung, das wqren die roten Klip pen und das graugrüne Meer. Auch hatte das Bild dieselbe Größe. Nur als er ganz genau hinsah, bemerkte er, daß es in der rechten unteren Ecke mit dem Namen Tiel gezeichnet war Der entrüstete Maler
geworden, er sei nicht mehr der Jüngste. Und die Postkarte, wyncuh er das Gemälde anfertigt hätte, habe sie selbst ausgesucht. Sie habe erfahren, daß es ein Bild ihres Neffen lèi, von dem sie so selten etwas höre, und sie hätte doch auch etwas von ihm in der Stube haben wollen. Ein Lutyp sei Herr Tiel gewiß nicht, er sei auch nicht teuer, das ganze Bild mit Rahmen, so wie es da hänge, habe nicht mehr yls fünfzehn Mark gekostet. Der berühmte. Maler fragte nun, wo denn dieses verkannte Genie wohne