Bismarcks Tode jäh unterbrochen. Wenn auch der hochbetagte, schon längere Zeit kränkelnde Greis seit vielen Jahren schon der Weltbühne, deren gewal tiger Leiter er durch Jahrzehnte gewesen, entrückt war, wirkte doch sein Tod wie ein großes politisches Ereignis. Dieser Mann, dem an Größe und Be deutung in der deutschen Geschichte nur ein Fried rich Rotbart, Luther und Goethe gleichkamen, konnte aus der Reihe der Lebenden nicht scheiden, ohne daß dies alle Zeitgenossen, ob Freund ob Feind tief
ergriff. Trauernd stand die ganze deutsche Nation an der Bahre des einsam in seinem Sachsenwalde dahingeschiedenen unvergeßlichen Wiedererneuers deutscher Rei'chsmacht. So lange man deutsche Ge schichte schreibt, war es keinem deutschen Fürsten, keinem deutschen Staatsmanne gelungen, aus dem deutschen Volke das zu machen, was Bismarck aus ihm gemacht hatte. Zu beklagen war nur, daß er so hatte enden müssen, daß es zwischen ihm und dem erlauchten Hause, das er auf den Kaiserthron geführt
, zu einem so häßlichem Zerfalle hatte kom men müssen, den auch der Tod des Großen nicht ganz auszulöschen vermochte. Der gewaltige Reichs schmied war unversöhnt hinübergezogen in die Ge filde der Unsterblichen. Noch im Tode hatte er jede Verbindung mit dem Epigonententum schroff abge lehnt. Allein in seinem Sachsenwalde wollte er den ewigen Schlaf antreten, dort wo die deutschen Eichen rauschen, wollte er ruhen, fern von der Re sidenz der Cäsaren, nur umringt von seinem, ihm treugebliebenen deutschen Volke
, für das er gelebt, gestritten und gelitten. Und so kam es auch. Das dankbare deutsche Volk aber errichtete auf allen Bergeshöhen altgermanische Türme zu seinem Ge dächtnis und wandert zu seinem einsamen Grabe seither wie zu einer Wallfahrtsstätte. Wie anders, wie erhaben, wie schöner könnten wir die Geschichte des deutschen Volkes und seiner Kaisergeschlechter beschließen als mit dem Hintritte des Größten aller Deutschen, des glücklichen Vollen ders der schwersten aller Aufgaben der Einigung Deutschlands
. Wie lange aber dieses Werk seinen Schöpfer überleben wird, kann nur die Zukunst leh ren, denn auch einem Bismarck ist die Einigung Deutschlands nur teilweise gelungen. Sie war mehr eine innigere Verbindung der regie renden deutschen F ü r st e n als eine solche der deutschen V o l k s st ä m m e. Um auch nur dieses Ziel zu erreichen, mußte Bismarck selbst die grausamste Operation am großen deutschen Vaterlande vollziehen durch die Abtrennung der gesamten Ostmarkländer. Konfisziert! Welch bittere