Seite 2. Nr. 90. Samstag, „Brixener Chronik.' 28. Juli 1906. XIX. Jahrg. mich zum Worte meldete und durch mehr als zwei Stunden meinen Standpunkt begründete. Ich brach erst ab, als ich sicher war, daß Tirol von der Tagesordnung abgesetzt und eine Eini gung unter Intervention der Regierung versucht werde. Diese Einigung kam zwischen den beteiligten Tiroler Abgeordneten in Anwesenheit des Minister präsidenten und des Ministers des Innern in bedingter Form zustande, d. h. es wurde aus gemacht
: wenn für Tirol drei neue Mandate zu haben sind, entfällt eines auf die Nordtiroler Städte, eines auf den Südtiroler Kurbezirk, eines auf Jtalienischtirol. Die Verhandlungen über Tirol wurden deshalb nach Böhmen und Mähren angesetzt, weil die Vermehrung der Tiroler Mandate von den Verhandlungen über diese Länder abhing. Bei dieser Verhandlung war also ich es, der schweren Herzens, nur um das große Reform werk nicht zu stören, nachgegeben hat. Es wurde mir gesagt, daß Dr. Tollinger unbedingt auf der Schaffung
des Nordtiroler Städte mandates beharre, weil es sich um seinen Wahlbezirk handle. Ich mußte also den be rechtigten Wunsch nach Vermehrung der Nord tiroler Landgemeindenmandate zu meinem Be dauern fallen lassen. Eine Anregung Tollingers, den Nordtirolern ein neues Landgemeinden mandat und ein Städtemandat zu geben und den deutschen Südtirolern nichts, wurde als ganz undiskutabel fallen gelassen. Nachdem einmal bestimmt war, daß in Nordtirol der Städtebezirk erhalten wird, war für Südtirol gegeben, was zu tun
war. Nach meiner Ansicht konnte man Nord- und Südtirol nicht ungleich behandeln, wenn man nicht alles unzufrieden machen will. Darum verlangte ich für Südtirol, als Kompensation für das Nord tiroler Mandat, die Schaffung eines moderni sierten Städtebezirkmandates, in dem ich so viele Gemeinden vereinigte, daß die Einwohnerzahl dem Bevölkerungs- und Steuerdurchschnitt un gefähr entsprach (29.0L0 Einwohner). In dieses Kurbezirkmandat nahm ich die Orte Kaltern und Tramin nicht mehr auf, weil ich weiß, daß diese Orte
für jedes deutsche und romanische Mandat ein slawisches. Für das ladinische Mandat hätte folglich ein weiteres italienisches und zwei slawische Mandate be willigt werden müssen, wenn die Vertreter der anderen Länder überhaupt darauf eingegangen wären, was mehr als aussichtslos war. Das ladmische Mandat mußte also wegen der grund falschen Konstruierung des deutschromanischen „Blocks' fallen gelassen werden. Das war die Sachlage bei der entscheidenden Sitzung, in der die Tiroler Mandate endgültig beschlossen