Die Landstandschaft der Bauern in Tirol 133 Die Geschichte der Tiroler Landschaft seit dem Anlang des 15. Jahrhunderts zeigt uns, daß der Bauernstand in derselben eine sehr beträchtliche politische Rolle gespielt hat, ja zeit weise zusammen mit den Städten führend gewesen ist bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, Eine nähere Darlegung dieser Tatsache entzieht sich dem Umfange und der Aufgabe der vor liegenden Abhandlung und es genüge hierfür der Hinweis auf die einschlägige Literatur
157 . Damit steht allerdings in einem gewissen Widerspruch das Urteil, das F. Härtung in seiner Deutschen Verfassungsgeschichte 158 in der Darstellung der Ge schichte der Landstände ausgesprochen hat: Von den einzelnen ständischen Kurien bedürfe die nur selten vorhandene der Bauern keine Besprechung, weil sie nirgends eine selbständige Bedeutung erlangt habe. Dieses Urteil betrifft wohl für Deutsch land im allgemeinen zu, nicht aber für das Land Tirol, und sollte daher in diesem Sinne
eine Einschränkung erhalten und sei es auch nur durch Hinzufügung der paar Worte „von Tirol abge sehen'. Denn in Tirol haben nicht nur bis ins 16. Jahrhundert die Abgeordneten der Gerichte, das waren eben die der Bauern schaft, einen eigenen, den vierten Stand der gemeinen Landschaft gebildet, sondern in dieser Zeit, da die Landschaft als Ganzes gegenüber dem Landesfürstentum überhaupt ein großes poli tisches Gewicht besessen hat, oftmals einen führenden Einfluß entfaltet. Die Stellung der Tiroler Landschaft
im ganzen kenn zeichnet der venetianische Gesandte im Jahre 1548 dahin, daß ihr gegenüber der Landesfürst —damals König Ferdinand I. — nicht als der eigentliche Herr des Landes gelten könne 159 . Das war wohl schon für damals ziemlich übertrieben ausgedrückt. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts war auch in Tirol der Landes fürst der Landschaft an tatsächlicher Macht weit überlegen, nicht diese, sondern die landesfürstliche Regierung war in der Gestaltung des öffentlichen Lebens führend
. In der Landschaft 167 So für die Zeit bis 1519, dem Tode Kaiser Max I. bei Jäger, Gesch. d, land- ständ. Verfassung Tirols, Bd. 2, für die folgende sehr bewegte Zeit bei Ferd. Hirn, Gesch. d. Tir. Landtage von 1519—1525 (1905) und H.Wopfner, Der Landtag von 1525 in Zt. d. Ferd., Bd. 44 (1900), ferner die Ausgabe der Beschwerden von 1525 durch Wopfner in Acta Tirol, Bd. 3 (1908). 158 In Meisters Grundriß der Geschichtswissenschaft, 2. Aufl., 1928, S. 55. 169 Jos. Hirn, Ferdinand II. von Tirol, Bd. 2, S. 68, Anna