Festung Kufstein, Geroldseck : ein Geleits- und Erinnerungsbüchlein für Einheimische und Fremde ; mit geschichtlichen Aufzeichnungen, Führer, Abbildungen, Panorama und Plan
Ruf eines sehr tapferen Offiziers hatte. Munition und Proviant waren auf dein Schloß reichlich vorhanden. In der Stadt lagen 309 Mann unter dem Kommando des Grafen Kaspar von Wolkznstein. Am 18. nachmittags, also mit dem Erscheinen der Bayern vor Kufstein, traf der Militärdirektor von Tirol, Feldmarschall-Leutnant v. Gschwind, von Innsbruck kommend, in der Festung ein, um sich von dem Verteidigungszustände derselben zu überzeugen; er gab Wolken stein den verhängnisvollen Befehl, die der Festung
nördlich vorgelegene Vorstadt niederzubrennen, sich bis auf den letzten Mann zu wehren, und erst wenn er sich in de^ Stadt nicht mehr halten könne, in das Schloß zurückzugehen. Als die Festungsgeschütze abends die Ankunft der Bayern meldeten, kehrte Gschwind wieder nach Innsbruck zurück, Wolkenstein aber machte sich sofort an die Ausführung der Befehle. In später Abendstunde ging, die Vorstadt in hellen Flammen auf. Max Emanuel ließ Wollenstem zur Uebergabe der Stadt auffordern. Dieser lehnte jedoch
entschieden ab. Von Seite der Festung wurde bis zum Eintritte der Dunkelheit ein lebhaftes Feuer gegen die rekognoszierenden Bayern unterhalten. Das Niederbrennen der Vorstadt sollte sich für die Festung zu einem schweren Verhängnis gestalten. Am 19. Juni zwischen 12 und 1 Uhr nachmittags brach nämlich in der Stadt selbst Feuer aus, wahrscheinlich verursacht durch den Wind, der die Flammen in die Stadt hineintrieb. Jede Anstrengnng zum Löschen des Feuers erwies sich als vergeblich; in der kürzesten Zeit
war das ganze Städtchen ein Raub der Flammen. Gcaf Wolken stein versuchte sich mit der Äescchung in die Festung zurückzuziehen — doch konnte er dies nicht mehr betätigen, indem das Fener bereits die von der Stadt znm Schlosse hinaufführende hölzerne Stiege ergriffen hatte. In der Stadt konnte sich Wolkenstein kaum mehr halten, da die Hitze in den engen Gassen mit jeder Minute unerträglicher wurde und das Feuer schon an dem mit Bomben und Granaten angefüllten Kaiserturm hinaufzüngelte. Wollenstem zog daher
mit der ganzen Besatzung über die Brücke auf das linke Jnnufer gegen Langkampfen ab; mit ihm verließen auch alle Einwohner die Stadt. Inzwischen hatte das Feuer den mit Munition angefüllten Kaiser turm, sowie zwei benachbarte Pulvermagazine ergriffen, und so flogen diese Depots „mit furchtbarem Gekrache in die Luft und gössen über die Stadt und Festung ein unermeßliches Flammenmeer aus . . . Es war ein so furchtbarer Lärm, daß zwei Kriegsflotten in der stärksten