Tiroler Bauernkalender; 23. 1929)
Dann arbeitete sie weiter. Die Uhr tickte, bedächtig schob sich der lange Zeiger voran, es ging auf 11 Uhr. Draußen fielen die Flocken nieder. Sie schaute auf. Wie weiße Blumenblätter hefteten sie sich an àie dunklen Scheiben nnd schmolzen. Da hörte sie ein leides Klopfen. Es schien, am Fenster zu sein, das ihr am nächsten war. Mt einem jähen Schreck fuhr sie empor. „Liese,' rief es leise, flüsternd. Ein Mann stand draußen. Dunkel sah das Gesicht durch die Scheiben. Die Frau stieß einen dumpfen
, halb unterdrückten Schrei ans. „Bist du allein, Liese?' rief es wieder. .,T 'U auf^' „F r a n z, .d u!' Emen Augenblick schien es ihr, als ob sie zusammenbrechen müsse. Alles Blut wich aus den Wangen, às Herz tat àen lauten, harten Stoß. Dann erhob sie.sich und ging an die Tür. Der Körper bebte, kaum trugen ihn die Füße. - Der Mann -verischWand am Fenster. Als die Frau das Tor öffnete, stand er draußen. Dick tag der Schnee auf feinem Mantel, die schwarze Pckzmütze hatte bine weiße Haube
. „Ich bin gekommen, dich zu holen, Die Frau verstand nicht, was er sagte. In einem dumpfen Gefühl schwammen die Worte zu ihrem Hirn. „Sie sagten, du seiest tot,' sprach sie .dann, als ihr Ne Gedanken ràder kamen. „Tot?' Er lachte heiser auf. „Ich Hab' es 'auch geglaubt, mehr als àmal. Aber ich là noch, Liese, und bin gekommen, iM WIM MUMM M88M5LIM. MUHL IMOI. VoUstsnclig lrei8teder>6, inmitten kerrlicksr Iskfezdetkieb Zà mein Weib zu holen. Du mußt mir folgen, wir fahren in ein anderes Land, bort habe ich Hof
gehabt, ich und du.' Er machte, eine Pause, >als ob -er aus Antwort warte. Aber die Frau sprach nicht. Todmüde, mit zuckenden Lippen saß sie «auf der Bank. ' „Unsere Ehe ist nicht 'glücklich ge wesen,' begann der Heimgekehrte mit dumpfer Stimme zu sprechen. „Ich habe dir vAl schwere Stunden bereitet, aber ich habe sie selbst durchgemacht, bevor ich sie zu dir in dà Kammer gebracht Hube. Heute wsiß ich, daß ich dir unrecht getan habe; bange Jahre habe ich gebraucht, bis es mir Aar geworden 1st