¬Das¬ Geheimnis der Waldhoferin : eine Erzählung.- (Erzählungen vom Reimmichl)
Die letzten Worte klangen wir leises Schluchzen. Eine tiefe Erschütterung ging durch den Körper der Sängerin, und sie nutzen lange Zeit innehatten, ehe der Zuckende Schmerz zur Ruhe kam. Dann begann sie wieder:' „Kindheit, Jugend schwindet, alles flieht dahin, Nur fest, in Lieb gegründet, steht in dir mein Sinn: Mutter, o vergiß mein nicht, Ich vergess' dich ewig nicht.' Während sie sang,, wars Meister Gebhard ver stohlene Blicke nach ihr; allein da sie beim Singen sich von ihm abgekehrt
hatte, vermochte er nur eine schmale, seine Linie ihres Gesichtes zu erschauen. Doch Mite er geschworen, daß es Angelas Züge waren. — Jetzt hielt sie abermals inne und zitterte wie Espenlaub. Meister Gebhard konnte sich nicht mehr beherrschen, er rief leidenschaftlich: „Angela — Angela — meine ...' Sie schüttelte hestig den Kops und winkte ihm mit beiden Händen ab. Plötz lich sank sie mit einem unterdrückten Schrei aus den Betstuhl nieder, schlug beide Hände vors Gesicht und weinte krampfhast. Mit Gewalt
mußten die zwei. Schwarzbärtigen den Meister an der Orgel bank feWatten, während sie der schluchzenden Frau drohende Worte in einer fremden Sprache zuriefen. Mit sichtlicher Anstrengung erhob sich die Dame, taumelte und griff nach einem Notenpult, um sich darauf zu stützen. Nach einer Weile, als Gebhard wieder eingespielt hatte, sang sie die letzte Strophe: „Nur dir ganz alleine sei mein Herz geweiht, O du Süße, Reine, Mutter allezeit: Mutter, o vergiß mein nicht, Ich vergess' dich ewig