Geschichte und Kulturgeschichte.- (David von Schönherrs gesammelte Schriften ; Bd. 2)
So groß das Interesse ist, welches Basen und Vettern bis zum entferntesten Grade der Verwandtschaft an heiratsfähigen jungen Leuten zu nehmen pflegen, verschwindet es doch ganz gegenüber dein Apparate, den die Politik manchmal in Bewegung setzt, wenn es gilt, eine Prinzessin unter die Haube zu bringen, oder umgekehrt, einem Prinzen die richtige Lebensgefährtin zuzuführen. Es lüsst sich denken, wie viele schlaflose Nächte die Heirat eines Stuart, dessen Familie dem Verderben geweiht
war, den diplomatischen Heiratskünstlern in England bereiten musste, Zumal Jakob Stuart sein Auge auf eine junge polnische Prinzessin geworfen hatte, welche ganz geeignet schien, die Hoffnungen der Jakobiten auf den Fortbestand der Familie Stuart zu erfüllen. Der englischen Politik war nicht darum zu, thun, Auge und Herz Jakob Stuarts auf eine bestimmte Dame zu lenken, sondern vielmehr ihn von der Wolthat des ehelichen Standes ganz aus zuschließen und so die Stuart'sche Frage ein für alle Mal und in der einfachsten
Weise zu erledigen. Der englische Gesandte in Wien erklärte in einem daselbst überreichten Promemoria ganz offen, dem Prätendenten jede Verheiratung unmöglich zu machen. Doch die Ehen finden, wenn sie auch gerade nicht im Himmel geschlossen werden, oft hinter dem Rücken beteiligter Mächte ihren Abschluss, und schneller als die Diplomatie arbeitet manchmal die Politik der Frauen. Bevor wir jedoch diese historisch so berühmt gewordene Heirats geschichte weiter verfolgen, wollen wir einen Blick
Töchter, von welchen die drittgeborne, Marie Klementine, das Ziel der Stuart'schen Heiratskandidatur geworden war. Prinz Jakob lebte zu dieser Zeit, wie es scheint, ganz seiner Familie und seinem Wolbefinden und hatte sich nach seinen eigenen Äußerungen keine weitere Lebensaufgabe mehr gestellt, als seine Töchter zu versorgen. Dieses Ziel schien von ihm auch nahezu er reicht zu sein, nachdem der Prätendent um seine jüngste Tochter ge- sreit hatte; denn die beiden anderen Schwestern glaubte er bereits-