¬Der¬ Sonnenring : ein Hausbuch für das christliche Volk
gar aus Batlist oder Seide, so hast du ein unge heures Gaudium. Du drehst dich vor dem Spie gel wie eine Zwirnspule, verrenkst dir fast die Augen, um dich vorn und hinten Zu mustern, und wenn du ganz ein eitler Pfauenvogel bist, stellst du vor dein Gesicht und hinter deinen RA- ken einen Spiegel, um deine Schönheit von Osten und Westen beaugapfà Zu können. Du ziehst das neue Prachtkleid auch nur zu den höchsten Festtagen an, Zu Ostern, zu Ankläffen, am Kirch tag und allenfalls, wenn's
nicht zu kalt ist, noch am Christtag. So oft du es anziehst, kribbelt dir ein Wohlbehagen durch alle Glieder, und du kommst dir vor, als wärest du ein ganz neuer Mensch. Nun gib acht. Wenn du willst, kannst du das ganze Jahr ein vollkommen neuer Mensch sein und an allen Tagen ohne Ausnahme ein funkelnagelneues Kleid tragen, das an Pracht und Wert nicht seinesgleichen hat. Aus welchem Stoff dieses Kleid besteht, weiß ich selbst nicht ge nau, aber das weiß ich, dah er kostbarer ist als Battist und Samt
und Seide, ja, als das reichste, zierlichste, glänzendste Goldgeweb. Nennen tut man dieses Kleid „die Heiligmachende Gnade', und es hat ganz besondere Eigenschaften. Es wird niemals alt und fadenscheinig, wetzt sich niemals ab, kriegt niemals Flecken oder Löcher. Bloß ver lieren kann man es — und dies auch nur aus eigener Schuld — und dann ist eben die ganze Herrlichkeit zu Ende. Wenn man es aber nicht verliert, wird es von Tag zu Tag schöner und neuer, und sieht um so frischer und glänzender