Vorlesungen über die ideellen und historischen Grundlagen des österreichischen Staates
Herrschalt und. größte G-ewalt' zu beanspruchen und tatsächlich hat er sich auch eine Zeit lang in dieser Stellung erhalten. Er nahm allein die Belehnungen vor und traf Regierungsentscheidungen ohne Zuziehung seines jüngeren Bruders Leo pold, dessen Ehrgeiz und Tatendurst dadurch befriedigt wurde, daß, wenn in Tirol oder in den Vorlanden die Anwesenheit eines Herzogs notwendig war, fast immer dieser mit ausgedehnten Befugnissen dorthin abgesendet wurde. Aber auf die Dauer gab sich Leopold
mi t, dieser untergeordneten Stellung nicht zufrieden, sondern drang immer ungestümer auf eine Teilung des Besitzstandes, die Albrecht nicht zu hindern vermochte. Die Teilungstendenzen gelangten zunächst in verschiedenen seit dem Jahre 1373 abgeschlossenen Verträgen über die Einkünfte und die Verwaltung, sogenannten Mutschierungen, zum Ausdruck, wodurch die Gesamthand nicht aufgehoben wurde. Ihren Abschluß fanden die Tei lungen im Neüberger Vertrag vom 25. September 1379 zwischen Albrecht und Leopold, der keine bloße
Verwaltungsteilung mehr, sondern eine Realteilung darstellt mit der Schaffung zweier vollkommen selbständiger Linien. Albrecht, der Begründer der albrechtinischen Linie, erhielt Österreich ob und unter der Enns mit Einschluß der Gebiete von Steier, Hallstatt und Ischl, Leopold, der Begründer der leopol dinischen Linie, erhielt alle übrigen Länder, also Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol und die Vorlande. Für den Fall des gänzlichen Aussterbens einer Linie wurde ein wechselseitiges Erbrecht vereinbart
und in der Haus ordnung Albrechts II, vom Jahre 1355 und dem Hausvertrag Rudolfs und seiner Brüder vom Jahre 1364 niedergelegte Sukzessionsrecht, also Gesamtnachfolge mit Vorzugsrecht des Erstgeborenen. Das Haupt der leopoldinischen Linie Leopold III. ist in der Schlacht bei Sempach 1386 gefallen. Auf Bitten seiner Söhne, von denen nur der älteste Wilhelm das im Neüberger Vertrage für die Volljährigkeit vorgeschriebene Alter von 16- Jahren hatte, übernahm Herzog Albrecht III. auf Lebenszeit auch die Regierung