Aus den Tagen Herzog Sigmunds des Münzreichen und Kaiser Maximilians I. : ein Beitrag zur Cultur-Geschichte Österreichs mit besonderer Rücksicht auf Tirol in der Übergangs-Periode vom Mittelalter auf die Neuzeit ; (nach Urkunden des Statthalterei-Archives und der Ferdinandeums-Bibliothek in Innsbruck)
noch gebraucht wird in unserem Ausdrucke „einem die Stange halten“. Was man aber zum Unterschied von heute damals noch gar nicht kannte, das war die Höflichkeitsform „Sie“. Man redete sich allgemein mit „Du“ an oder, wenn man recht artig sein wollte, mit Ihr oder Ute. Es hat sich dies noch heute als letzter, schwacher Ueberrest der alten, gothischen Dtialform erhalten in .dem in Tirol bekannten ös. So werden Bitter Beifer und seine Frau von ihrem Dienstpersonale immer in dieser Form (mit Ihr oder Etz
. Fälle von Willkür und unbefugter Selbsthilfe mögen daher auch viel Öfter vorgekommen sein, ja so gar Spuren der alten „Blutrache“ scheinen sich noch in dieser Zeit deutlich genug erhalten zu haben. So ereignete sich kurz nach dem Kriege Sigmunds gegen die Venetianer folgender merkwürdige Fall im Gerichte Völs. Es kommt eines Tages die Frau dos Bitters Ztvingcnstaincr mit ihrem Soline Stoffì und zwei Knechten in das Haus -des Sberle zu Völs und fährt dort einen gewissen Walthesar Rottmann
mit folgenden Worten an: „So, du pueb, sag an, ist mein muem dein weih oder nicht ; ich wü tvissen, ob sy ledig von dir sey oder nit. “ Aus der Urkunde, der ich diesen Fall entnehme, geht fervor, dass es sich um eine gegen den Willen des Bitters Zwingenstainer nnd seiner Frau geschlossene Ehe zwischen der Hi elite dieser beiden und Walthesar Bottmann handelt. Der Sache fehlt es dabei nicht an einem romantischen Anstrich. Walthesar- kam einst {in dem gar nach dem krieg, so an die Venediger an jüngsten
beschchenn, also war er uvohl ein aus dem Kriege gegen die Venetianer Zurückgekehrter) fieberkrank auf das den Zwingenstainern gehörige Schloss Salcgk. Des Bitters Frau gab ihm zu essen und zu trinken und hegte und pflegte den jungen Mann, bis er gesund war. Zum Dank dafür entführte er ihr aber daun ihre Nichte, und das junge Paar scheint Gelegenheit gefunden zu haben, sich heimlich trauen zu lassen, denn Walthesar entgegnet auf den ersten Anwurf der Zwingen- stainerin: Fraw ich bin ain frumer pueb
, ich khan sy nit ledig sagen, wen sy ist Me in der weit mein weih und dort vor got. Offenbar hatte hier der Zug jugendlicher Herzen eine conventioneile Schranke durchbrochen; die Ehe war eine Mesalliance und erregte den höchsten Grimm des Bitters und seiner Frau. Merkwürdig ist nun aber die, Art und Weise, wie sich die Zwingen-