Das neue Europa Thraziens überlassen wurden. Die Lösung aller dieser südosteuropäischen Fragen kann als beispielhaft für das deutsche organisatorische Befriedungs und Aufbauwerk im neuen Europa bezeichnet werden. Hinzuzufügen ist, daß Italien in seinem Lebensraum ähnlich verfährt und in Abstufungen, die in den Namen Libyen, Abessinien und Albanien, aber auch Kroatien und Montenegro enthalten sind, die gleiche Elastizität echten Führertums beweist. Die Mannigfaltigkeit der Formen

, in der sich die deutsche Führung im Osten und Südosten bewegt, berechtigt zu der Erwartung, daß sich auch die Ordnung im Norden und Westen nicht auf einem festen Schema auf bauen wird, sondern daß die zur Anwendung gelangenden Methoden sich nach den Erfordernissen des einzelnen Falles und nach dem Verhalten der Bevölkerung sowie den Möglichkeiten der freien Zusammenarbeit richten werden. Dabei ist freilich ein Umstand zu beachten. Sicherlich bedeuten die blutigen Auseinandersetzungen, in die Deutschland

hineingezwungen worden ist, und der große deutsche Sieg, mit dem sie geendet haben, in dem schon im Gange befindlichen Prozeß der europäischen Neuordnung einen entscheidenden Einschnitt, denn an die Stelle der friedlichen Um gestaltung, um die Deutschland und Italien bemüht waren, wird eine Ordnung treten, die sich auf der dynamischen Kraft der beiden siegreichen jungen Völker gründet. Es mag immer bedauert werden, daß die Friedens politik des Reiches, die in der Selbstauflösung der Tschechoslowakei

eine wesentliche Stärkung erfuhr und daß ihr in der Verkörperung durch die deutsche Siegernation ins Ungeheure gesteigerte Möglichkeiten in die Hand gegeben wurden. Im Siegeslauf der deutschen Heere versanken die Jahrhunderte deutscher Ohnmacht und Zerrissenheit, und das Idealbild einer alten Reichsherrlichkeit, die die Völker Europas umfaßte und zu einer Einheit zusammenschloß, konnte wieder Gestalt x86

Croßdeutsche Bestrebungen und ihr Scheitern damit: das deutsche Volk mußte es hinnehmen!, daß die Tschechoslowakei bereit war, mitten in seinem Siedlungs- und Lebensraum die Rolle einet westeuropäischen Bastion zu spielen, die nicht nur die deutsche Minderheit drangsalieren durfte, sondern im Ernstfalle auch die große deutsche Ge meinschaft auseinanderzusprengen hatte. Alle Bemühungen deutscher Regierungen um eine wirtschaftliche Verständigung und schließlich (1929) sogar um eine Zollunion

des Haltes bedurfte und weder moralisch noch kulturell berufen und befähigt war, Europa zu vertreten. Schon für ein geschlagenes, national zermürbtes und schlecht geführtes Volk war es schwer, alle diese Zumutungen, die den natürlichen und ge schichtlichen Voraussetzungen des europäischen Zusammenlebens ins Ge sicht schlugen, zu ertragen. Das deutsche Volk hat sie in furchtbarer Ent täuschung über den klaffenden Widerspruch zwischen den feierlichen Ver sprechungen, auf die vertrauend es sich wehrlos

208 VlIL WACHSENDE ENTFREMDUNG „Zankapfel' zwischen Italien und Deutschland niemals zur Ruhe kommen zu lassen. Auch die österreichische Frage erhielt durch die Bildung der Kleinen Entente kein freundlicheres Gesicht, denn für Italien entstand durch sie eine unbequeme Konkurrenz in seinen Protektoratsbestrebungen gegenüber dem deutschen Rumpfstaat. Das kam bereits gelegentlich des Protokolls von Venedig Mitte Ok tober zum Ausdruck, als die römische Regierung zwischen Öster reich und Ungarn

, sondern auch die Italiener selbst an den unbefriedigenden Verhältnissen Schuld seien; man sei zu faul und habe nur geschwatzt. Er verwarf dann die faschistischen Me thoden und empfahl ein vernünftiges, planvolles Vorgehen. „Es ist ein Wahnsinn, auf die Deutschen loszugehen, weil sie Deutsche sind, und eine Lächerlichkeit, zu glauben, sie würden sich in Kürze

und im entgegengesetzten Falle die Gefahr eines den italienischen Interessen nachteiligen Korridors, wie schließlich die Gefahr eines deutsch-französischen und deutsch-polnischen Zusammengehens mit den für die italienischen Interessen schädlichen wirtschaftlichen Wirkungen. Schürend aber stand hinter allem nach wie vor Frank reich. Marschall Foch benutzte einen gelegentlichen Besuch in Ve-

Bulgarien und Rumänien 487 Siebenbürgen und mußte bald zurückweichen. Die deutsche und Österreichisch-ungarische Offensive führte zur Besetzung des größten Teils des Landes, aber in der Moldau hielt sich die rumänische Armee 12 Monate in tapferer Verteidigung. Mit dem Ausbruch der russi schen Revolution schwanden aUe Hoffnungen auf eine Wendung der Dinge. Vergeblich bemühte sich Bratianu um die Entbindung von der vertraglichen Verpflichtung, keinen Separatfrieden zu schließen. Unter dem Druck