gemacht wurden. Die antisemitische Sündenbockphilosophie hatte in ihnen ein leicht identifizierbares Objekt zur Kanalisierung des ’’Volkszornes” in ungefährliche Bahnen gefunden. In Nordtirol meldete sich der Abt des Klosters Wilten, Prior Dominikus Dietrich, mit einem 1920 beim katholi schen Presseverein ”Pius-Verein” anonym herausgegebenen, fulminanten antisemitischen Pamphlet mit dem Titel ’’Die Juden im Staate Deutschöster reich” zu Wort, das in allen christlich- sozialen Zeitungen

auf den Universitäten. Und die politische Vertretung der Juden war diesem christlichsozialen Weltbild entsprechend die Sozialdemokrat!e. Im Auftischen von erfundenen Schauermärchen hatte Prior Dietrich eine rege. Phantasie, die ihn unter anderem auch zu folgenden Aussagen führte: Die ganze ungeheure Schmutz- und Kolportageliteratur ist fast aus schließlich jüdisches Machwerk... In Strömen rinnt der ekelhafteste Schmutz durch die Kolportage hinein in deutsche Familien und zerstört die Unschuld der Mädchen, vergiftet

Abgründe eröffnen sich unseren entsetzten Au gen! Mit der Regelmäßigkeit eines Pumpwerks strömen durch die Pres se, durch die Witzblätter, durch die Schmutzliteratur Ströme tätlichen [sic!] Giftes hinein ins deutsche Volk und verwüsten das Ideal, die schöne christliche deutsche Familie, vergiften und verseuchen unsere Blüte und Hoffnung, die Jugend, und sind die Ursache von entsetzlich vielen tragischen Schicksalen, die mit Unglück für Zeit und Ewigkeit enden... Wäre Prior Dietrich auf theologischem

Sport als Mitte! der weiteren illegalen politischen Arbeit erkannt und organisiert, bis er 1934 sich aufgrund faschistischer Schikanen zur Auswan derung ins Reich entschloß, wo er als NSDAP-Funktionär in verschiedenen Institutionen, vorwiegend aber im Verein für das Deutschtum im Ausland, tätig war. Im Lebenslauf, den der 1900 in Meran geborenen Rolf Hilicbrand 1941 zum Zwecke der Aufnahme in die 55 ver faßte, lesen wir unter anderem folgende interessante Angaben: Militär - Weltkrieg: Als Tirol

zu. Die Sozialdemokratie hatte gegen diese politisch-ideologische Ausrichtung des D Ö A V 1 8 9 5 ih r e e i g e n e a 1 p i n e Vereinigung, die ” N a t u r fr e u n d e' ’, gegründet. Liebe zürn Bergsteigen und Ver ständnis für die Well der Berge wur den in den Periodika des DÖAV immer wieder als eine - in Abgrenzung zu Se 1 1 vve i zern, F ra n zosc a, 1.ing 1 ändern und Italienern - typisch ’’deutsche Ei genart.” erklärt. Und auch der Zusam menhang zwischen Bergsteigen und militärischer Ausbildung kommt schon

vor 1914 des öfteren zur Sprache. Bei Kriegsausbruch 1914, als der DÖAV seine Mitglieder mit einer begeisterten Erklärung zum Kriegseinsatz aufrief wurde die Funktion der Bergsteiger fin den Krieg in den ’’Mitteilungen” des DÖAV wie folgt beschrieben: Gleich den Söhnen unserer Alpen die in stürmischer Kampfeslust zu den Fahnen eilen, bringt der deutsche Alpinist eine besondere Schulung mehrfacher Art. mit in den Krieg. Die Kraft und Gewandtheit eines geschmeidigen Körpers, die Abhär tung gegen Wind

... Fingen wir, von wo der Luxus ins Volk getragen winde, so müssen wir gestehen, daß es nicht vqm Adel, nicht von der Bürgerschaft, nicht von der Bauernschaft ausging, son dern von den Lcbensgewohnheiten des Semilcntums. Im Semitentum finden wir die. Sucht nach dem Zurschau- irage.n des Reichtums, wie die schamlose Zurschaustellung des Arm- seins. Das Vortäuschen von Reich- tiimern - geistiger wie materieller - ist eine Rassegewohnheii des Semitismus ... Als der Krieg; kam, zeigten sieh m unserem

Südmarken hervorgeh en!” Zu den Schwierigkeiten bei der voll ständigen Durchsetzung des Arier paragraphen und des antisemitischen Rassengedankens innerhalb der öster reichischen Turnerbünde kam es aller dings noch wegen der Haltung, die die reichsdeutsche „Deutsche Turner schaft“ mit Sitz in Berlin einnahm und deren Mitglied dm österreichischen Turngaue im Sinne ihrer völkisch-ge- samfdeutschen Ausrichtung seit Anbeginn waren. Denn im Deutschen Reich waren es damals noch sehr wenige Turnerbünde

, die sich dem Rassengedanken verschrieben hatten. In Österreich aber hatten sich anläßlich des 15. Kreisturntages in Wien vom Mai 1901 die große Mehrheit für die Aufnahme des Arierparagraphen m die Vereinsstatuten entschlossen: damit war innerhalb der „Deutschen Turner schaft“ der „Kreis XV - Deutsch- Österreich” als erster Turn kreis auf „rein arischer Grundlage” gegründet worden. Und diesen Grundsatz ver suchten nunmehr die Antisemiten innerhalb des gesamten Verbandes durchzusetzen. Doch der 13. Deutsche Turntag

Militärdiktatur zum Ziel gesetzt hatten, waren die Tumer- bünde wiederum eine tragende Kraft. Besonders in den Gebieten des ehe maligen „Randdeutschtums” der Mo narchie, das mit den Friedensverträgen von 1919 teilweise zum „Auslands deutschtum” geworden war (Sudeten deutsche, Südtiroler), wurden die Turnerbünde nunmehr zu einer der wichtigsten Keimzellen der national sozialistischen Bewegung. Es waren die zentralen ideologischen Komponenten, nämlich der sich radikal gebärdende Deutschnationalismus

Boykott und moralische und soziale Druck, daß der Großteil der Meraner Juden in den Jahren 1939 - 1943 emi grierte. Dazu kamen die Informationen über die Verfolgung und Vernichtung der Juden im Dritten Reich, das sich bereits bis 1943 immer deutlicher in die italienische Politik einmischte. Die Ereignisse des 25 . Juli 1943 in Ita lien und die bevorstehende Besetzung des Landes durch die deutschen Trup pen waren der Anlaß für eine weitere hektische Flucht von Meraner Juden in andere Provinzen Italiens

durch die reichsdeutschen Na zis in den Jahren 1939 - 1945 durch eine Art ’’Nachhilfe-Unterricht” ver mittelt: vor allem jenen Südtirolem, die die ’’Reiehsschuien Für Volksdeutsche” in Rufach und Achern besuchten oder denen, die auf den ”SS-Ordensburgen” eine spezielle weltanschauliche Schu lung erhielten. In Südtirol selbst fuhr der deutsche ’Tonfilmwagen” von Dorf zu Dorf, um den vom Nazi-Regisseur Veit Harlan hergestellten Film ”Jud Süß” voi'zuführen. (Der Film wurde als ’’jugendfrei” klassifiziert.) Im Jahre 1945

Ritualmorde, die mit folgenden martialischen Sätzen kommentiert wurden: „Christliche Eltern seit (sic!) für Eure Kinder ge warnt! Es sind bis jetzt unzählige Fälle ritueller Morde, Körperverletzungen und Blutabzapfungen, die von Juden an Männern, Frauen, Jünglingen, Jung frauen und Kindern verübt wurden, bekannt! Erinnert Euch an die erwie senen Blutabzapfungsgeschichten, die bei Innsbruck, Hall und Trient in den vorigen Jahrhunderten stattgefunden. Das ,Deutsche Volksblatt’ hat im heu rigen Jahr( 1889

die geradezu ma gische Anziehungskraft, die das erstarkende Deutsche Kaiserreich auf einen Teil der Deutschen Österreichs ausübte, die nunmehr in einer mög lichst engen. Anlehnung bzw. in einem eventuellen ’’Anschl uß” an den ’’großen Bruder” in Berlin ihr Eieil vor dem eigenen Abstieg suchten und zu finden hofften. Erster und unbestrittener 'Führer der deutschnationalen Bewegung war der aus dem niederösterreicliischen Wald viertel stammende Rittergutsbesitzer Georg von Schönerer. In seiner Kampf parole

der Ausstellung zeigen wir nur Dokumente über die antisemitischen Ausschreitungen der Jahre 1938 bis 1943, weil eine Darstellung der Razzien und Mas senmorde während der Sozialen Republik und der deutschen Be setzung zu komplex und umfang reich wäre. Hunderte von Juden sind in Italien aufgrund antisemitischer Aktionen von Faschisten oder National sozialisten ermordet worden: wir sprechen von den Opfern der Ge metzel von Ferrara, dem Lago Maggiore, den Fosse Ardeatine, von Forli und Cuneo

“ organisiert und zuerst in Bologna, dann als Wan derausstellung in allen größeren Städten Italiens gezeigt wurde. Die Schau ist das Ergebnis der Forschungen, die das Centro „Furio Jesi“ in mehr als 50 italienischen Bibliotheken und Archiven be trieben hat. Der reich bebilderte Ausstellungskatalog enthält Ab handlungen der namhaftesten Wis senschaftler der Zeitgeschichte und eine umfangreiche Bibliographie, die einerseits rassistische Publika tionen aus der Zeit des Faschismus anführt, andererseits Werke

Turnerbiinde in Tirol wur den in den größeren Städten gegründet: 1862 in Bozen, 1863 in Innsbruck, 1868 in Brixen, 1886 in Meran, 1976 in Kufstein, um nur die wichtigsten zu nennen. Die antisemitische Bewegung inner halb der Turnerbiinde Österreichs ging von Wien und Niedcrösterreich aus. Das ist verständlich, war doch der Begründer des 1. Wiener Turnervereins Julius Krickl (1829 - 1893) - in der Literatur oft als der ’’Nestor der deutschnalionaien Bewegung in Öster reich” bezeichnet. Sportlich-körperliche