einzusetzen vermag. Wahrlich, wer den Aufstieg der Christlichsozia len miterlebt und die Reden noch in Erinnerung hat, die ihre Größen im Werden der Partei gehal ten, fragt sich immer wieder, wie diese-Entwicklung möglich ist. Eine Partei, die nichts sein wollte, als die Partei der kleinen Leute, der Kleingewerbetrei benden. der Kleinbauern, der geistigen und manu ellen Arbeiter: eine Partei, die sich in unzähligen Reden, Schriften und Manifesten als den konträren Gegensatz zum Kapitalismus bezeichnete
, ist heute der Anwalt des Kapitals. Eine Partei, die bei ihrer Gründung sich zu den sozialen Grundsätzen eines Voglsang bekannte und seine Ideen verwirklichen wollte, tritt heute diese Grundsätze mit Füßen und erklärt ihnen jeden Tag den Krieg! Denn, wo über den Achtstundentag gewettert wird, stellen die Christlichsozialen die lautesten Schreier. Wo über die Lohne und Tarifverträge getobt wird, sind es die Christlichsozialen, die jeden Lohn eines Arbei ters oder Angestellten zu hoch, jeden Tarifvertrag
, Schraftl, Stockler und Genossen die Kleinbauern zum Kampfe gegen den Groß grundbesitz aufrief und die Dr.Schöpser, Dr. Drexel, Scheicher wie andere den Arbeitern schöne, von sozialem Oel triefende Reden hielten, wollen die heutigen Christlichsozialen nicht einmal mehr er innert sein. Die Partei, einst im Kampfe gegen den „Judenliberalismus" groß geworden, hat ihre so zialen Ideen zum alten Eisen geworfen und ist der eifrigere Diener des Kapitals geworden, als es je einmal die Liberalen waren. Wohl
setzt die Partei ihrem Firmenschild noch das Wortlein „sozial" bei. Aber mehr als ein Wort ist es nicht. Ein Wort ohne Gehalt, das nur be stimmt ist, das Volk zu täuschen. Es gibt Firmen, die den Namen ihres angesehenen Gründers noch heute tragen, obwohl sie längst schon in ganz an dere Hände übergegangen sind. Die neuen Inhaber verstecken ihren vielleicht wenig anziehenden Na men hinter der» akten. Firma. Diese Funktion hat auch das Kennwort „sozial" in der christlichsozialen Partei zu erfüllen
. Es. soll vor dem Volke den anti- j sozialen Geist der Partei verdecken. Und dadurch,, daß sie sich, noch mit dem alten Namen schmückt und zu Mahlzeiten- demagogische Agitatoren aus die arbeitende Bevölkerung los- läöt, die zur selben Zeit, da die Führer der Partei Znnrdrurk, Montag Sen 3. März 1924 I an der Tafel des Kapitals sitzen, dem Volke die alten, längst zu Phrasen gewordenen Ideen kün digen, gelingt es der christlichsozialen Partei, sich zu behaupten. Aber diese zwiespältige Politik wird Schiffbrnch erleiden