zu lesen oder die Zeitung durch zustudieren und so mit dem Besten seiner Zeit inr Bunde zu sein. Biicher wandern im Sommer in Schränke und Bibliotheken, wo mit nicht gesagt sein soll, daß wir nun auf Monate hinaus uns ganz den Genuß ihrer Lektüre versagen sollen. Und rvas geschieht mit der Zeitung? Zn übertriebener Sparsam keit und in raschem, unüberlegtem Handeln be stellt die Hausfrau wohl die Zeitung für das Sommerhalbjahr ab. Das Abonnements ge', d zu sparen, erscheint ihr Gewinn genug
für diese Maßnahme. War es klug oder töricht gehan delt? Diese Frage wird sich jedenfalls schon bald entscheiden. Vieles können und müssen wir in dem verarmten Oesterreich der Nach kriegszeit entbehren. Aber eine Woche ohne Zeitung, das erscheint uns mit Recht ein un erträglicher Zustand. Nun soll gar nad) uner- forschlichem Ratschluß der Hausfrau der ganze Haushalt einen lieben, langen Sommer ohne Zeitung sein! Der Hausherr, der abends müde und abgespannt von beruflichen Geschäften heirn kehrt
und dem es geradezu eine Erho lung bedeutete, wenn er sich in den Spalten der Zeitung über das Geschehen in Welt und Heimat orientieren konnte, soll nun plötzlich die gewohnte Lektüre vermissen. Wird er nicht anderen, kostspieligeren Zeitvertreib suchen, wird er sich daheim nicht langweilen und stän diger Gast im Wirtshause werden? Der Bauer, die Knechte, die die ganze Woche über im Feld sich müde gearbeitet haben, legen sich Samstag abends auf die Ofenbank zur Er holung — wie gerne nehmen sie da die „Lien zer
Nachrichten" zur Hand, die ihnen die Nach richten aus nah und fern vermitteln. Und selbst auf den Bergwiesen, auf die Alm laßt so man cher sich gern die „Lienzer Nachrichten" von den Kindern hinaufbringen, iveil es trotz der vielen, schweren Arbeit ein freies Stiindchen gibt, wo er in feine Zeitung schauen will. Schließlich die Hausfrau selbst, di? Urheberin der zeitungslosen, schrecklichen Zeit, wie wird sie vieles vermissen, wenn sie nicht mehr wie bisher, die Fortsetzung des Romanes lesen
, wenn sie nichts über Ereignisse im Familien leben befreundeter und benachbarter Kreise in Stadt und Land erfahren soll, oder wenn sie so ganz ohne Hinweise für billige, vorteilhafte Einkaufsquellen bleibt, wie sie der Anzeigenteil der Zeitung bietet? Ach, nur zu bald stellt sich heraus, daß der Weg der Sparsamkeit, der mit Beginn des Sommerhalbjahres zur Ab bestellung der Z.itung führte, im Grunde ge nommen doch ein recht übe.eitler und törich ter war. Führende Berliner Zeitungen in Oesterreich: Berliner Lokal-Anzeiger