. Die tatsächliche Dummheit und Blindheit der gescheitesten Männer in manchen Punkten, besonders den Frauen gegenüber, war also keine Sage, sie existierte, und ihr anerkannt gescheiter Wolf lieferte einen glänzenden Beweis dafür. Aber nun wollte sie ihm die Augen öffnen; nun sollte er sich wundern, er sollte wissen, daß sie die Träumerin nicht war, für die er sie hielt, daß sie mit sehenden Augen und hörenden Ohren urteilsfähig durch die Welt ging. Nun war's wirklich an der Zeit, den Standpunkt der süßen
Tändelei endlich einmal zu ändern, er hat lange genug gewährt. Frieda seufzte. Ein halbes Jahr! — Es war eine herrliche, son nige- Zeit, aber sie fühlte, daß es einer Änderung bedurfte, wenn sie die Erinnerung daran sonnig bewahren wollte. Und sie, sie mußte den Anfang damit machen und ihrem heißgeliebten Wolf zum Be wußtsein bringen, daß sie geistig nicht so tief unter ihm stünde, daß sie nicht in dem Maße seines Schutzes bedurfte, wie er wähnte, kurz, daß er ein Weib und keine Puppe in sein Haus
! Aber da, da ein Brief — ah! Sie entfaltete das Papier und las: „Lieber Wolf im Schafspelz!" Frieda lachte, ah, das war von einem seiner Ter Freunde! Wolf 'm Schafspelz war Wolfgangs Spitzname. „Hurra, wir sind alle da! Du hast gewiß vergeblich an der Bahn auf uns gewartet, verzeihe großmütig, altes Haus, aber wir konnten nicht mit einem späteren Zug fahren. Also, abends sieben Uhr, Hotel Goldener Hirsch! lautet die Devise. Sei pünktlich, denn es sehnen sich schon unbändig nach dir „Dr. Bum-Bum", „Das Zebra", „Kater
„Ihres Vaters Eselin Grau- Grau". Sie sagte immer, sie wolle nicht heiraten, aber einen Berus möchte sie haben und auf eignen Füßen stehen. Sie schnei I ihr einmal, noch lange vor ihrer Verheiratung (bald darauf stellt« I sie ihren Briefwechsel ein), daß sie Aussicht habe, bei einer grG! Handelsfirma anzukommen, sollte sie — — ja, ja, so muß es («. Daß aber Wolf ihr gar nichts davon sagte?! Sie tippte sich WI die Stirn, wie konnte sie das wundern!? Wolf erzählte ihrem! allen Freunden
: „Es ist aber I gar nicht schön von dir, Wolf im Schafspelz, daß du uns über 1 deine Frau jede nähere Auskunft verweigerst, wir hatten uns sch»! alle darauf gefreut, sie kennen zu lernen." Frieda horchte ge spannt, was Wolf erwidern würde, aber er sagte nichts. „Warte, warte nur." dachte sie wieder, und dann trat sie rasch ein, atze anzuklopfen. Mit einem liebreizenden Lächeln auf den Lippen »nl in den Augen eilte sie an den reichbesetztsn Tisch, neigte ein paarmal grüßend ihr Köpfchen nach allen Seiten, reichte