-iw« a- R., RudolfMosfe in Wien, Berlin uud München, «oit» and Äomv., Wie», l. Ztinangaffe. l». 1. Donnerstag, d?n 2. ISnnrr Das Mmistenum Depretis. Das neue italienische Ministerium, dessen Leben noch kaum nach Wochen zählt, wackelt schon wieder auf sei nen Sitzen. Und Niemand, der die Parteizustände in Italien kennt, und die dortige Geschichte nur seit dem Tode Viktor Emanuels verfolgt hat, wundert sich darüber. König Umberto bestieg zu Beginn des ab gelaufenen JahreZ den Thron, beliebt bei der Nation wegen
seiner Borzüge. Nie hat ein Monarch so bald Gelegenheit gefunden, die Aufrichtigkeit seiner- constitu» tionellen Gesinnung so schlagend zu erweisen: Die Kämmern hatten eine radicale Majorität, dos liberale Ministerium Crispi genügte ihr nicht und das Gerücht von der Doppelehe des Premiers war hinreichend, ihn zu stürzen. König Umberto vor die Wahl gestellt, einen Schritt nach rechts oder mehrere, Schritte nach links zu gehen, entschied sich für die Majorität und wählte aus der Mitte
derselben — ein unerhörter Fall in' der Geschichte der konstitutionellen Monarchien. — ein radikales Ministerium., berief die demokratischen Abgeordneten Cairoli und Zanardelli in den Rath der Krone. Darob herrschte überall sprachloses Entsetzen in den Reihen der GotteSgnaden-Politiker, ja König Umberto galt für den entarteten Sprossen, eines der ältesten europäischen Fürstengeschlechter. Als das Stau- nen vorüber war, begannen die Verdächtigunzeq und. die Prophezeiungen des schlimmen Ausganges. solcher Sünden
gegen den heutigen Geist d?sGottesgnyden» thums. Bon all dem unangefochten, zeigte sich das radicale Ministerium seiner Aufgabe durchaus, i ge- wachsen und König Umberto hat seinen weisen und, großherzigen Beschluß nicht einen Augenblick zu. bereuen gehabt. Von den Umwälzungen, die man c befürchtet, ist unter der Verwaltung des radicalen Ministeriums wenig zu bemerken gewesen, selbst in Bezug auf noth wendige und wünschsnswerthe Reformen wurde nichts übereilt, überall nach außen wie nach innen, machte
sich eine besonnen» Haltung geltend und alle Ansprüche der Ultras wurden nach Gebühr zurückgewiesen. Da triit jener beklagenswerthe Zwischenfall in Neapel ein, ein Wahnsinniger bedroht das Leben des allgemein ge liebten und verehnen Königs Umberto mit seinem Dolche. Der radicale Ministerpräsident deckt den König mit seinem eigenen Leibe und empfängt bei diesem Anlaß einige glücklicherweise nicht gefährliche Dolchstiche. Ausnahmegesetze! schreie» plötzlich alle Reaktionären im Lande, die ihre Zeit für gekommen
