Südtirol unter dem Faschismus.- (Schriftenreihe des Südtiroler Kulturinstitutes ; 1)
unterhalt zu bestreiten versuchte, wurde er zu zwölf Tagen Arrest verurteilt 45 ). „Diese Vorgänge im oberen Vinschgau', so konstatierten die „Münchener Neuesten Nachrichten', „werfen ein sehr trübes Licht auf die Verhältnisse in der neuen Provinz Bozen. Es geht daraus hervor, daß die Lage der deutschen Südtiroler sich dort nicht nur in keiner Weise gebessert, sondern offenkundig ver schlechtert hat' 46 ). Als ein Zeichen dafür, daß die politischen Machthaber der Provinz Bozen die Zügel
politischer Unzuverlässigkeit gekennzeichnet wurden «). Am 7. Mai erging über die Präfektur von Bozen eine Weisung der Zentralregierung, in der verlautbart wurde, daß Abordnun gen öffentlicher oder privater Körperschaften und einzelne Ge suchsteller künftig ohne ausdrückliche Genehmigung des zustän digen Präfekten bei den römischen Ministerien oder beim Regie rungschef ihr Anliegen nicht mehr persönlich vortragen dürfen. In der diesbezüglichen Verfügung hieß es: Sämtliche wirtschaft lichen, politischen
politischer Wind wehte. Der faschistische Parteisekretär Muzio Levoni, der sich in diesem rauhen Klit^ nicht zurechtfand und dem Tolomei vorgeworfen hatte, daß £r zusehr „il criterio assai discutibile della .collaborazione'' befolg e und „una debolezza inesplicabile verso gli allogeni' 50 ) zeig e mußte das Feld räumen. Er demissionierte am 15. Mai 1927, Zum Nachfolger Levonis als außerordentlichem Provinzialsekretär der Faschistischen Partei für die Provinz Bozen wurde der Abgeord nete Alfredo Giarratana
51 ). Der Amtsantritt Giarratanas, der sich gleich nach seiner An kunft in Bozen auf den Brenner begab, um dort „die Atmosphäre des Sieges zu fühlen' und am „cippo del Brennero' einen Kranz niederzulegen 52 ), bedeutet eine Zäsur in der Geschichte der faschistischen Italianisierungspolitik in Südtirol. Aus der histori schen Perspektive gesehen, kann festgestellt werden, daß die im letzten halben Jahr in der Provinz Bozen weniger radikal geführte Entnationalisierungspolitik lediglich eine täuschende Geste takti
scher Mäßigung war, der nun wieder ein harter Kurs folgte. 1) Zitiert nach I .N., 7. 12. 1926. 2) Sie bestand aus den politischen Bezirken Bozen, Meran, Brixen und Bruneck■ (Vgl. X.N., 7. 12. 1926.) 3) Vgl. I.N., 7. 12. 1926. 4) Zitiert nach I.N., 10. 12. 1926. 5) Das Rundschreiben ist vom 5. 1. 1927. 6) Zitiert nach ST., 15. 1, 1927. Vgl. dazu auch: S.T., 15. 3. 1927, und H. Fin- geller, Die Wahrheit über Südtirol, 1. Ergänzung über die Jahre 1926/27, Innsbruck 1928, S. 14. 7) Vgl. I.N