Briefe aus und über Tirol geschrieben in den Jahren 1843 bis 1845 : ein Beitrag zur näheren Charakteristik dieses Alpenlandes im Allgemeinen und der Meraner Gegend insbesondere
(cm Wege abwärts, und erreicht, dem Schlosse Schenna grade gegenüber, eine höchst romantische Gegend: das Finele. Zwischen der Hochgebirgskette cler Mutt-Berge und der des Spitzhorn liegt nämlich ein enges, wildes Hochthal, in dessen oberem Theile sieben kleine Alpenseen, rings von kahlen, steilen Granitwänden umschlossen, die Wasserbehälter für den Wildbach bilden, der den unteren Theil in enger Felsschlucht durchbraust, und grade unter dem Felsen, worauf Schlofs Schenna thront, die Passer
aus der Schneeregion der Hoch alpen in das „Land wo die Citronen blühen' hinabzusteigen. Leider mufste ich mir aus Gesundheitsrücksichten diesen Genufs versagen. — Ber letzte Theil dieses Thaies nun, da, wo es sid\ als ein Durchbruch der Anschüttungen des Küchelberges zeigt — unstreitig in der Zeit entstanden, als durch irgend ein ge waltiges Nat-urereignifs der plötzliche Abflufs der hohen Wasser massen erfolgte, die vorher das ganze Etschland als einen mäch tigen Alpensee erscheinen liefsen, — wird, die römische
Abstam mung bekundend: das Finele genannt, und diesen Theil durch zieht unser Weg in's Passeier-Thal. Es ist ein wahrhaft bezaubernder Anblick, wenn man bei einer Wendung der Strafse plötzlich die enge Thalschlucht zvi seinen Füfsen hat, — Schöne hohe Kastanien- und Nufsbäume bedecken da, wo die Abstürze nicht zu schroff sind, die Wände der engen Schlucht, in deren Tiefe auf grüner Matte einige elende Alphütten dicht beisammengedrängt liegen. Hoch oben, am Rande des westlichen Steilabfalis, ragen
