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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 19 di 20
Data: 08.08.1903
Descrizione fisica: 20
dich abholen und dann reisen wir zusammen über Italien zurück. Du könntest dich vielleicht an die deutsche Familie anschließen, deren Be kanntschaft du im Hotel gemacht hast." „Nein, Stefan!" rtef Marie. „Tue mir das Leid nicht an! Wenn du durchaus zurückmußt, dann begleite ich dich; aber dich von mir lassen, — das kann ich nicht, — die kurze Spanne Zeit - —" „Lind, Lind, was redest du da?" unterbrach Stefan sie. „Du bist ja wieder ganz gesund! Der Arzt sagte mir: Deine Lunge sei so wenig

, wenn ich wieder gesund bin! Aber wenn der liebe Gott mich heute zu sich riefe, so könnte dich der Gedanke an das, was ich dir sagen will, für ein ganzes Menschen leben beruhigen: Du hast mich un endlich glücklich ge macht, mein Stefan, und dafür segne dich Gott!" Sie hatten sich im Laufe des Ge sprächs wieder auf einer Bank nahe am Palmenwäld chen niedergelassen. Werner legte den Arm um sein junges Weib und sie ließ ihr goldblondes Köpfchen auf seine Schulter sinken. So saßen sie dicht beisammen, wie zwei junge

Lieben de , und Stefan drückte ihr gerührt einen Luß auf ihre weiße Stirn. Da — plötz lich lautes Geschrei. „Haltet die Pferde! Um Gottes Willen aus dem Wege!" ertönte es. Bestürzt schnell ten die beiden jun gen Gatten empor und mit schreckerweiterten Augen sahen sie die Gefahr, die mit rasen der Geschwindigkeit ihnen da nahte. Mit aller Geistesgegenwart, die das Entsetzen ihm ließ, hatte Stefan nur eben noch Zeitz die völlig kraftlose und zitternde Marie mit Blitzesschnelle auf die Seite zu ziehen

, als auch bereits ein Paar nur noch lose durch den Zaum zusammengehaltener Pferde im rasen den Lauf den Weg daherkamen, im Vorbeieilen die Bank Umrissen, auf welcher das Paar soeben noch gesessen hatte, nnd dann knapp an den beiden vorüber den Abhang hinabstürmten. Der Lutscher und mehrere Männer kamen, so schnell ihre Füße sie trugen, hinterdrein, waren aber nicht im stände, die scheu gewor denen Tiere aufzuhalten, die, unten angekommen, zusammenbrachen. Am Rande des Berges aber kniete Stefan und hielt

sein junges Weib umfangen, das blaß und leblos in seinen Armen lag. Bald versammelte eine Menschenmenge sich nun um die Beiden und einige mitleidige Frauen knieten bei der fremden Dame nieder und versuchten, sie ins Leben zurückzurufen. Stefan fühlte, daß Marie's Herz noch schlug, aber matt, kaum wahrnehmbar, und ihre Hände waren kalt wie Eis. Ein in der Nähe vorüberfahrender, leerer Wagen wurde ange rufen; mit Hilfe einiger Umstehenden brachte man die Ohnmächtige hinein, und so fuhr Stefan

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 17 di 20
Data: 08.08.1903
Descrizione fisica: 20
Uv. 32 UilttthllltlMgMliki ;ur „Lirrrler Land-Muug". 1993. „Gs ist Vestinnni in volles Äak". Novelle von A. Tuhten. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Nennt es doch Dora," sprach Stefan, „der Name hat mir immer gefallen." Und ,Dora' wurde es getauft und wenn Stefan nun in seinen freien Stunden das Kindchen auf den Knieen schaukelte, dann strich er oft nachdenklich über sein Lockenköpfchen und dachte: „Wo sie wohl weilen mag, die Dora, die ich einst liebte?" Aber dann umklammerten zwei kleine

Arme seinen Hals, ein kleines Mündchen preßte sich auf den seinen und eine süße Stimme lispelte: „Papa nicht weinen, Dora lieb sein!" Und Stefan zog sein Kind ans Herz und umschlang mit dem freien Arm sein junges Weib, das eben von der Küche herein kam, um zu sehen, warum denn Vater und Kind, die doch gewöhnlich so fröhlich zusammen waren, heute so still seien. So ging die Zeit dahin, bis Dorchen drei Jahre zählte. Stefan arbeitete von früh bis spät und gönnte sich wenig Erholung. Marie lebte

ihrem Haushalt und ihrem Kindchen, verkehrte mit einigen Freundinnen, deren sie nur wenige besaß und war ganz zufrieden so; sie liebte den großen geselligen Verkehr und die rauschenden Vergnü gungen nicht. Auf einmal stellte sich in dem trockenen, kalten Winter 189 — die tückische Influenza auch in H. ein, das bis jetzt von ihr vollständig verschont geblieben war. In jedem Hause der Stadt lagen einige Mitglieder krank darnieder und auch bei Werners hatte sie sich einge funden. Erst bekam Stefan

selbst einen tüchtigen Fieberanfall, der aber in kurzer Zeit gehoben war, dann wurde das Kind recht krank und machte den Eltern große Sorgen; zuletzt wurde Marie, der alles ob lag, — denn auch das Mädchen lag längere Zeit darnieder, — ernst lich krank und viele Wochen gingen vorüber, ehe sie zum erstenmal wieder aufstehen konnte. Stefan war ihr getreuer Pfleger und unter seiner liebenden Fürsorge erholte sie sich nach und nach. Doch blieb bei ihr ein ziemlich heftiger Husten zurück, der sich durchaus nicht geben

wollte. Der Arzt fürchtete, ihre Lunge würde mit der Zeit dadurch angegriffen und hielt Klimawechsel im warmen Süden gerade jetzt im rauhen März für das einzig Mögliche, um die junge Frau von dem bösen Husten zu kurieren. Stefan, der sich selbst nicht zum wohlsten fühlte und einer Ausspannung recht bedürftig war, würde gern bereit gewesen sein, sie zu begleiten, aber wohin so lange mit Dorchen? Das Kindchen mitzunehmen, wäre bei Marie's leidendem Zustand kaum ratsam gewesen. Da kam Hilfe in der Not. Stefan's

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Tiroler Post
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Pagina 9 di 10
Data: 08.08.1903
Descrizione fisica: 10
dich abholen und dann reisen wir zusammen über Italien zurück. Du könntest dich vielleicht an die deutsche Familie anschließen, deren Be kanntschaft du im Hotel gemacht hast." „Nein, Stefan!" rief Marie. „Tue mir das Leid nicht an! Wenn du durchaus zurückmußt, dann begleite ich dich; aber dich von mir lassen, — das kann ich nicht, — die kurze Spanne Zeit " „Lind, Kind, was redest du da?" unterbrach Stefan sie. „Du hist ja wieder ganz gesund! Der Arzt sagte mir: Deine Lunge sei so wenig

bin! Aber wenn der liebe Gott mich heute zu sich riefe, so könnte dich der Gedanke an das, was ich dir sagen will, für ein ganzes Menschen- jeben beruhigen: Du hast mich un endlich glücklich ge macht, mein Stefan, und dafür segne dich Gott!" Sie hatten sich im Laufe des Ge sprächs wieder auf einer Bank nahe am Palmenwäld chen niedergelassen. Werner legte den Arm um sein junges Weib und sie ließ ihr goldblondes Köpfchen auf seine Schulter sinken. So saßen sie dicht beisammen, wie zwei junge Lieben de , und Stefan

drückte ihr gerührt einen Kuß auf ihre weihe Stirn. Da — plötz lich lautes Geschrei. „Haltet die Pferde! Um Gottes Willen aus dem Wege!" ertönte es. Bestürzt schnell ten die beiden jun gen Gatten empor und mit schreckerweiterten Augen sahen sie die Gefahr, die mit rasen der Geschwindigkeit ihnen da nahte. Mit aller Geistesgegenwart, die das Entsetzen ihm ließ, hatte Stefan nur eben noch Zeit, die völlig kraftlose und zitternde Marie mit Blitzesschnelle auf die Seite zu ziehen, als auch bereits

ein Paar nur noch lose durch den Zaum zusammengehaltener Pferde im rasen den Lauf den Weg daherkamen, im Vorbeieilen die Bank Umrissen, auf welcher das Paar soeben noch gesessen hatte, nnd dann knapp an den beiden vorüber den Abhang hinabstürmten. Der Kutscher und mehrere Männer kamen, so schnell ihre Füße sie trugen, hinterdrein, waren aber nicht im stände, die scheu gewor denen Tiere aufzuhalten, die, unten angekommen, zusammenbrachen. Am Rande des Berges aber kniete Stefan und hielt sein junges Weib

umfangen, das blaß und leblos in seinen Armen lag. Bald versammelte eine Menschenmenge sich nun um die Beiden und einige mitleidige Frauen knieten bei der fremden Dame nieder und versuchten, sie ins Leben zurückzurufen. Stefan fühlte, daß Marie's Herz noch schlug, aber matt, kaum wahrnehmbar, und ihre Hände waren kalt wie Eis. Ein in der Nähe vorüberfahrender, leerer Wagen wurde ange rufen; mit Hilfe einiger Umstehenden brachte man die Ohnmächtige hinein, und so fuhr Stefan mit seiner Frau im Arme

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 15 di 16
Data: 15.08.1903
Descrizione fisica: 16
bedachte er die Folgen nicht. Jedenfalls wußte er, daß er seine so viel jüngere Frau an demselben Leiden und auch ganz plötzlich ver loren hatte." „Nun," versetzte Stefan mit einem Seufzer, „sei dem, wie ihm wolle, ans Wiederverheiraten denke ich nicht, wohl aber an eine ge diegene, nicht mehr junge Person, die ich als Hausdame zu mir neh men möchte und die mir mein Kind erziehen könnte. Solltest du von etwas passendem für mich hören " • „Ich will mich gern darnach umtun, lieber Stefan

: die Kaiserpfalz) an. Dort wollte er sich die schönen Gemälde der deutschen Kaiser von Friedrich Barbarossa an bis zu Kaiser Wilhelm I. betrachten, und er gab sich alle Mühe, es auch dem lleinen, noch nicht fünfjährigen Dorchen zu erklären. Dieses hörte erst aufmerksam zu, obgleich ihre Augen mehr an den Bildern hingen, die das Märchen vom Dornröschen darstellten. Stefan fühlte, wie sein Töchterchen immer langsamer ging, immer schwerer an seiner Hand hing. Er blickte von den Bildern weg auf sein Kind

, dem dicke Tränen über die Wangen liefen. „Was hast du, Herzchen?" fragte er erstaunt. „Dort, Papa, siehst du nicht?" Und das Kind deutete auf ein Bild, das über der Ausgangstür des Saales hängt. „Dort liegt ja die Mama und schläft!" Stefan blickte nach der Richtung von Dorchen's Händchen hin und sah Dornröschen's Bild, wie sie im Schlafe liegt und der Königs sohn durch die Hecke zu ihr dringt. Ja, es war viel Aehnlichkeit mit seiner verstorbenen Marie vorhanden, — das schöne, goldblonde Haar

aufmerksam geworden. Es war noch nicht Zeit zur Abfahrt und so führte er Dora in die Konditorei Konrad und ließ ihr Kuchen kommen, hoffend, sie werde darüber ihren Schmerz vergessen. Aber das Kind wollte nicht essen. Endlich war es Zeit zur Bahn. Sie stiegen ein und hatten ein Koupe ganz für sich allein. Dorchen interessierte alles, und als sie gegen Lautenthal kamen, jubelte sie beim Anblick der herrlichen Tannen wälder hell auf. Aber nach und nach wurde sie wieder stiller und Stefan glaubte

ein Glas Limonade. Könnte ich dann wohl später hier auf dem Zimmer ein Abendessen serviert bekommen? Ich möchte das Kind nicht gern allein lassen!" Es geschah alles nach seinem Wunsch, und als Werner gespeist hatte und der Kellner entlassen war, machte er es sich bequem und ließ sich auf einem Lehnstuhl am Fenster nieder. Er hatte das elektrische Licht ausgedreht, weil es Dorchen zu stören schien. Das Kind war endlich nach manchem Wimmern und Klagen eingeschlafen, und Stefan konnte nun seinen Gedanken

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Tiroler Post
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Pagina 7 di 10
Data: 08.08.1903
Descrizione fisica: 10
verboten. (Fortsetzung.) „Nennt es doch Dora," sprach Stefan, „der Name hat mir immer gefallen." Und ,Dorck wurde es getauft und wenn Stefan nun in seinen freien Stunden das Kindchen auf den Knieen schaukelte, dann strich er oft nachdenklich über sein Lockenköpfchen und dachte: „Wo sie wohl weilen mag, die Dora, die ich einst liebte?" Aber dann umklammerten zwei kleine Arme seinen Hals, ein kleines Mündchen preßte sich auf den seinen und eine süße Stimme lispelte: „Papa nicht weinen, Dora lieb

sein!" Und Stefan zog sein Kind ans Herz und umschlang mit dem freien Arm sein junges Weib, das eben von der Küche herein- lm, um zu sehen, warum denn Vater und Kind, die doch gewöhnlich so fröhlich zusammen waren, heute so still seien. So ging die Zeit dahin, bis Dorchen drei Jahre zählte. Stefan arbeitete von früh bis spät und gönnte sich wenig Erholung. Marie lebte ihrem Haushalt und ihrem Kindchen, verkehrte mit einigen Freundinnen, deren sie nur wenige besaß und war ganz zufrieden so; sie liebte den großen

geselligen Verkehr und die rauschenden Vergnü gungen nicht. Auf einmal stellte sich in dem trockenen, kalten Winter 189 — die tückische Influenza auch in H. ein, das bis jetzt von ihr vollständig verschont geblieben war. In jedem Hause der Stadt lagen einige Mitglieder krank darnieder und auch bei Werners hatte sie sich einge funden. Erst bekam Stefan selbst einen tüchtigen Fieberanfall, der aber in kurzer Zeit gehoben war, dann wurde das Kind recht krank und machte den Eltern große Sorgen; zuletzt wurde

Marie, der alles ob lag, — denn auch das Mädchen lag längere Zeit darnieder, — ernst lich krank und viele Wochen gingen vorüber, ehe sie zürn erstenmal wieder aufstehen konnte. Stefan war ihr getreuer Pfleger und unter seiner liebenden Fürsorge erholte sie sich nach und nach. Doch blieb bei ihr ein ziemlich heftiger Husten zurück, der sich durchaus nicht geben wollte. Der Arzt fürchtete, ihre Lunge würde mit der Zeit dadurch angegriffen und hielt Klimawechsel im warmen Süden gerade jetzt im rauhen

März für das einzig Mögliche, um die junge Frau von dem bösen Husten zu kurieren. Stefan, der sich selbst nicht zum wohlsten fühlte und einer Ausspannung recht bedürftig war, würde gern bereit gewesen sein, sie zu begleiten, aber wohin so lange mit Dorchen? Das Kindchen mitzunehmen, wäre bei Marie's leidendem Zustand kaum ratsam gewesen. Da kam Hilfe in der Not. Stefan's Schwester in Hannover, der er seine Sorgen klagte, kam selbst und holte das Kind so lange zu sich, bis die Eltern zurückgekehrt

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 13 di 16
Data: 11.07.1903
Descrizione fisica: 16
werden? Da — endlich — schlug wieder ein Geräusch an sein Ohr, — ein Geräusch wie von einem sich nahenden Wagen,, und jäh entriß ihn ' das gleichsam seiner Seelenmarter. Ob das sie''war? Ob er sie ' Wiedersehen würde — Theodora? Das Gefährt, dessen Herankommen Stefan aufgeschreckt hatte, war wirklich das erwartete. Unten auf der Chaussee hielt ein Einspänner und eine schlanke Hand winkte zu ihm hinauf. Stefan war aber nicht im stände, zurück- zuwinken; er vermochte kaum sich zu rühren. Eilig entstieg darum

die junge Dame, deren Bekanntschaft er auf eine so merkwürdige Weise gemacht hatte, dem Wagen; ihr folgte ein etwa sechszehnjähriger junger Mensch, der auf ein Zeichen von ihr das Pferd am Zügel hielt, während der Kutscher abstieg und Theodora den Waldpfad hinan nach der Bank folgte, auf der Stefan ruhte. Voll Spannung beugte das junge Mädchen sich über letzteren und bemerkte mit Besorgnis, daß er wieder sehr blaß und elend aussah. „Könnten Sie sich mit unserer Hilfe wohl jetzt aufrichten, Herr Werner

?" redete sie Stefan an. „Der Kutscher und ich bringen Sie an den Wagen, während mein Bruder das Pferd am Zügel hält. Leider sind die Ellern noch nicht von Grund zurück, wohin sie heute mit Freunden eine Partie machten, sonst wäre Papa statt meiner mit gekommen. Aber während der Kutscher anspannte, habe ich schon Quartier für Sie gemacht, bei netten, lieben Leuten, der Familie des Bergmanns Hermann Lhiel; die haben ein hübsches Parterrezimmer für Sie frei und machen es schon zurecht

; sie sind auch gleich zum gegenüberwohnenden Arzt gegangen, der zur Verfügung steht, sobald Sie erst zu Bette gebracht sein werden. So, — nun treten Sie lang sam auf, der Kutscher stützt Sie auf dieser Seite, Ihren Rucksack habe ich hier, — jetzt nur noch die wenigen Schritte, und Sie sind am Wagen!" Endlich! Unter heftigen Schmerzen war Stefan im Wagen nieder gelegt, im Rücken weiche Kissen, die Füße auf dem Rücksitz, neben ihm Theodora, die seinen Hut auf dem Schoße hielt. Ihr Bruder schwang sich neben

den Kutscher auf den Bock, und langsam und vorsichtig ging es vorwärts. So fuhr Stefan Werner in das schmucke Bergstädtchen ein, seine Hand umfaßte Theodora's Rechte und in seinem Hirn kreisten die Gedanken: „Dieses Mädchen, dieses edle, schöne Geschöpf ist die Ver lobte von Mar Grote! Nein, es ist ein Irrtum, es kann, es darf nicht sein! Doch, was hast denn du damit zu schaffen? Was geht das dich an? Das geht dich gar nichts an, du bist ja nur — du bist ja nur " „Wir sind am Ziel!" klang

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Tiroler Post
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Pagina 11 di 12
Data: 15.08.1903
Descrizione fisica: 12
bedachte er die Folgen nicht. Jedenfalls wußte er, daß er feine so viel jüngere Frau an demselben Leiden und auch ganz plötzlich ver loren hatte." „Nun," versetzte Stefan mit einem Seufzer, „sei dem. wie ihm wolle, ans Wiederverheiraten denke ich nicht, wohl aber an eine ge diegene, nicht mehr junge Person, die ich als Hausdame zu mir neh men möchte und die mir mein Kind erziehen könnte. Solltest du von etwas passendem für mich hören " „Ich will mich gern darnach umtun, lieber Stefan

: die Kaiserpfalz) an. Dort wollte er sich die schönen Gemälde der deutschen Kaiser von Friedrich Barbarossa an bis zu Kaiser Wilhelm I. betrachten, und er gab sich alle Mühe, es auch dem kleinen, noch nicht fünfjährigen Dorchen zu erklären. Dieses hörte erst aufmerksam zu, obgleich ihre Augen mehr an den Bildern hingen, die das Märchen vom Dornröschen darstellten. Stefan fühlte, wie sein Töchterchen immer langsamer ging, immer schwerer an seiner Hand hing. Er blickte von den Bildern weg auf sein Kind

, dem dicke Tränen über die Wangen liefen. „Was hast du, Herzchen?" fragte er erstaunt. „Dort, Papa, siehst du nicht?" Und das Kind deutete auf ein Bild, das über der Ausgangstür des Saales hängt. „Dort liegt ja die Mama und schläft!" Stefan blickte nach der Richtung von Dorchen's Händchen hin und sah Dornröschen's Bild, wie sie im Schlafe liegt und der Königs sohn durch die Hecke zu ihr dringt. Ja, es war viel Aehnlichkeit mit seiner verstorbenen Marie vorhanden, — das schöne, goldblonde Haar

aufmerksam geworden. Es war noch nicht Zeit zur Abfahrt und so führte er Dora in die Londilorei Konrad und ließ ihr Kuchen kommen, hoffend, sie werde darüber ihren Schmerz vergessen. Aber das Kind wollte nicht essen. Endlich war es Zeit zur Bahn. Sie stiegen ein und hatten ein Koupö ganz-für sich allein. Dorchen interessierte alles, und als sie gegen Lautenthal kamen, jubelte sie beim Anblick der herrlichen Tannen wälder hell auf. Aber nach und nach wurde sie wieder stiller und Stefan glaubte

ein Glas Limonade. Könnte ich dann wohl später hier auf dem Zimmer ein Abendessen serviert bekommen? Ich möchte das Kind nicht gern allein lassen!" Es geschah alles nach seinem Wunsch, und als Werner gespeist hatte und der Kellner entlassen war, machte er es sich bequem und ließ sich auf einem Lehnstuhl am Fenster nieder. Er hatte das elektrische Licht ausgedreht, weil es Dorchen zu stören schien. Das Kind war endlich nach manchem Wimmern und Klagen eingeschlafen, und Stefan konnte nun seinen Gedanken

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 14 di 16
Data: 25.07.1903
Descrizione fisica: 16
„Geben Sie mir Ihr Kind zum Weibe, lieber Doktor! Bei mir, an meinem Herzen soll es geborgen sein! Ich weiß ja nicht, ob sie mich liebt " „Da, sehen Sie selbst!" erwiderte Weimann lächelnd und deutete auf Marie, die während Stefan's letzten Worten lautlos hereingetreten war und nun von Purpurglut übergossen, im Türrahmen 'dastand. „Fragen Sie sie selbst! Ich wüßte nur ja keinen lieberen Schwieger sohn als Sie auf der ganzen, weiten Welt!" Stefan stand auf und trat zu Marie. Er tat

es, wie einer hö heren Gewalt gehorchend; sein Herz, sein Empfinden hatten daran keinen Anteil; sein Herz war, wie er wähnte, überhaupt tot und er storben, und so tat er den Schritt, der ihn erst vollends trennte von ihr, der Einen, die ihm ja doch nun einmal auf ewig verloren war, wie ein Willenloser. Wie ein Träumender tat Stefan Werner alles, und dennoch, — wie sich alles ihm einprägte, daß er selbst nach Jahren jedes Wort noch wußte! ,.I't es wahr, Mariechen?" richtete er die Frage an das heiß erglühende Mädchen

. „Könnten Sie mich so lieben, um mein Weib zu werden?" Statt aller Antwort legte sie ihr liebliches Köpfchen an seine Brust, und — der alte Weimann und sein Töchterchen waren zwei glückselige Menschenkinder. Und Stefan? Er hatte seine erste, große Liebe begraben müssen und da er seither weder von Grote, noch von der Familie Reinfeld je wieder etwas gehört hatte, nahm er an, daß jener Theodora ge heiratet und daß sie glücklich geworden waren. Al,o weg mit jedem törichten Gedanken, wie es hätte

fühlte, verfaßte sein Testament, von dessen Inhalt er aber den Seinigen gegenüber nichts verlauten ließ. Am Morgen des Hochzeitstages drückte er Stefan ein gefülltes Taschenbuch in die Hand mit den Worten: „Zur Hochzeitsreise". Auf Wunsch des alten Herrn war die Hochzeit seines etwas leidenden Zustandes wegen in aller Stille begangen worden. Das junge Paar hatte sich nach herzlichem Abschied vom Vater auf die Reise nach dem Süden begeben. Stefan wollte seiner jungen Frau die Schweiz und Italien

auf den Tisch, an dem Werners Platz genommen hatten. Stefan saß mit dem Rücken gegen den Fremden und schien eifrig in einer Zeitung zu studie ren ; Marie machte sich mit dem, ihr soeben Vorgesetz ten gebratenen Huhn zu schaffen und warf ihrem Gatten ängstliche Blicke zu. Der Mann da mußte offenbar berauscht sein, sonst konnte er sich doch in einen: anständigen Lokal nicht so benehmen, dachte sie, wagte aber nicht, ihren Gedanken Ausdruck zu geben. Der Fremde hatte sich etwas aus der Speise karte bes ellt

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 18 di 20
Data: 08.08.1903
Descrizione fisica: 20
ein mal mit Marie darüber reden; vielleicht mochte sie sich der netten deutschen Fa milie anschließen, die mit ihnen im Hotel wohnte und mit der sie sich schon recht befreundet hatte. Da kam sie eben und winkte ihm schon mit dem Sonnenschirm. Sie fuhren erst ein Stückchen mit einem der am Fuße des Berges wartenden Wagen, denn Stefan fürchtete jede Ueberanstreng- ung für seine Frau, und dann wandelten sie langsam, Arm in Arm, plaudernd und lachend die Anhöhe entlang, während mancher be wundernde Blick

mit ihren Cy- pressen, Palmen, Rhododen dren, Azaleen, zwischen denen einzelne schöne, weiße, aus Marmor hergestellte Monu mente sichtbar wurden. Stefan wandte sich zu Marie, um irgend eine Be merkung zu wachen; da sah er, wie zwei Thränen sich aus ihren Augen stahlen und langsam, Perlen gleich, über ihre Wangen rollten. „ Du weinst, mein Kind?" fragte er und ergriff eine ihrer Hände. „Bist du nicht glücklich?" „Zu sehr, Stefan, zu sehr!" brach >ie aus. „Die ses Glück kann ja nicht dauern, es ist zu groß

Dorchen! Aber, Stefan, wie es auch kommen möge, — du verläßt mich nicht, nicht wahr? Du gehst nicht Das Sarntal bei Bozen. Der Lindenhof mit der Schipfe in Zürich. Köpfchen und klrine goldene Löckchen spielten, vom leichten Winde be- ! ohne mich in die Heimat zurück, außer wenn ich Dann, ja, wegt, ihr um Stirn und Nacken. ! dann möchte ich hier auf jenem schönen Friedhof am Schloßberg be- Ihre zarten Wangen waren rosig angehaucht und gaben ihr das graben sein!" Bild der Jugend und Gesundheit

. „Aber, Kind, was ficht dich an?" sprach Werner erschüttert. Entzückt betrachtete Stefan sein junges Weib, während sie sich „Allerdings dachte ich daran, auf einige Wochen nach Hause zurüchu- zusammen auf einer Ruhebank niederließen, von welcher sich ihnen j kehren, meiner Geschäfte wegen; ich sollte die Leute, deren Prozeß ich ein herrlicher Ausblick bot. i führe, persönlich sprechen; allein ich kann ja dann wiederkommen und

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Tiroler Post
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Pagina 10 di 12
Data: 25.07.1903
Descrizione fisica: 12
lächelnd und deutete auf Marie, die während Stefan's letzten Worten lautlos hereingetreten war und nun von Purpurglut übergossen, im Türrahmen dastand. „Fragen Sie sie selbst! Ich wüßte mir ja keinen lieberen Schwieger sohn als Sie auf der ganzen, weiten Welt!" Stefan stand auf und trat zu Marie. Er tat es, wie einer hö heren Gewalt gehorchend; sein Herz, sein Empfinden hatten daran keinen Anteil; sein Herz war, wie er wähnte, überhaupt tot und er storben, und so tat er den Schritt, der ihn erst

vollends trennte von ihr, der Einen, die ihm ja doch nun einmal auf ewig verloren war, wie ein Willenloser. Wie ein Träumender tat Stefan Werner alles, und dennoch, — wie sich alles ihm einprägte, daß er selbst nach Jahren jedes Wort noch wußte! „Ist es wahr, Mariechen?" richtete er die Frage an das heiß erglühende Mädchen. „Könnten Sie mich so lieben, um mein Weib zu werden?" Statt aller Antwort legte sie ihr liebliches Köpfchen an seine Brust, und — der alte Weimann und sein Töchterchen waren zwei

glückselige Menschenkinder. . Und Stefan? Er hatte seine erste, große Liebe begraben müssen und da er seither weder von Grote, noch von der Familie Reinfeld je wieder etwas gehört hatte, nahm er an, daß jener Theodora ge heiratet und daß sie glücklich geworden waren. Al,o weg mit jedem törichten Gedanken, wie es hätte sein können an der Seite einer Frau, die ihm geistig ebenbürtig war! Mariechen Wei mann war ja auch noch jung, sie zählte kaum acht zehn Jahre; aus ihr konnte noch alles werden; mit der Zeit

Die Hochzeit sollte in drei Monaten stattfinden, und sie richteten sich ein reizendes Nestchen ein, in dem auch Papa Weimann sein Zimmer haben und mit ihnen zusammen wohnen sollte. Marie entfaltete sich unter Stefan's Liebe zu immer schönerer Blüte und Werner sonnte sich in ihrem Glücke. Doktor Weimann, der sich in den letzten Wochen etwas leidend fühlte, verfaßte sein Testament, von dessen Inhalt er aber den Seinigen gegenüber nichts verlauten ließ. Am Morgen des Hochzeitstages drückte er Stefan

ein gefülltes Taschenbuch in die Hand mit den Worten: „Zur Hochzeitsreise". Auf Wunsch des alten Herrn war die Hochzeit seines etwas leidenden Zustandes wegen in aller Stille begangen worden. Das junge Paar hatte sich nach herzlichem Abschied vom Vater auf die Reise nach dem Süden begeben. Stefan wollte seiner jungen Frau die Schweiz und Italien zeigen. Sie nahmen ihren Weg über Straßburg, woselbst sie die erste, längere Station machten, und interessierte Marie sich recht für das herrliche Münster

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 13 di 16
Data: 25.07.1903
Descrizione fisica: 16
$r. 30 Anterhaltnugsblatt mr „Tiroler Land-Zeitung". 1303. „8s P öeslirumt in volles Nai." Novelle von A. Tuhten. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Stefan aber nahm den Brief, der ihn so aus dem Gleichgewicht gebracht, zur Hand, um ihn vor dessen Beantwortung noch einmal zu überlesen. Sein Inhalt lautete folgendermaßen: „Lieber Freund! Mit großem Erstaunen hörte ich von meiner Braut, daß sie Dir beinahe das Leben genommen und wiedergegeben hat; ferner, daß Du mich als Freund verleugnetest

nicht! Und so ehrlos würdest Du auch niemals handeln, dazu kenne ich Dich zu gut. Und somit Gott befohlen! Dein Max Grote." Werner ergriff die Feder und schrieb folgende Zeilen nieder: „Du hast recht, Max Grote, ehrlos werde ich niemals sein. Werde glücklich, oder besser noch: mache deine Braut glücklich, — sie ist es wert! Stefan." Ein Jahr war vergangen,- seit Stefan Werner Hannover ver lassen hatte und auf Reisen gegangen war. Er konnte sich nicht ent schließen, in Staatsdienst zu treten

, daß des Vaters Pfeife und die Zigarre des Herrn Doktors nicht ausgingen und daß die Gläser mit dem köstlichen Rheinwein, den der Vater so liebte, stets wieder gefüllt wurden. Nun war wiederum ein Jahr verflossen, seit Stefan Werner sich in H. niedergelassen hatte, und zur Feier des Tages war Werner zu Weimanns zum Abendessen geladen und der Alte ließ das Köstlichste, das er besaß, aus seinem Keller holen, nämlich von seinem Johannis berger Schloß, den er nur bei feierlichen Gelegenheiten trank

und meine eigenen Verwandten alle überlebt." „Sie sind noch rüstig, Doktor," erwiderte Stefan, „und können noch lange Jahre leben. Wenn es Ihnen aber ein Trost ist, so möchte ich Ihnen die Versicherung geben, daß, solange ich lebe, Ihre Tochter nie verlassen sein wird!" „Ich danke Ihnen für dieses Wort!" erwiderte der Alte. „Ich wüßte mein Mariechen bei niemand besser aufgehoben, aber — bei Ihnen wohnen könnte sie ja nie, außer wenn Sie sich verheirateten, und so müßte sie doch unter Fremde. Sagen

Sie mir aufrichtig, lieber Freund, sind Sie in irgend einer Weise gebunden? Haben Sie ir gendwo eine Braut, ein Liebchen sitzen?" „Nein, nein, nirgends, — ich bin frei! Ich kann ich könnte " Und plötzlich ergriff Stefan mit beiden Händen die Rechte des alten Herrn und sprach:

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Pagina 15 di 16
Data: 01.08.1903
Descrizione fisica: 16
i2a Werner jäh wieder in die Gegenwart zurück. Sein unliebsamer Be gleiter war es, der sich ihm auf diese Weise in Erinnerung brachte, und wie mit Grimm wollte er ihn erfassen. Diesem Menschen sollte er noch von dem Gelde abgeben, das sein Schwiegervater ihm zur Hochzeitsreise in die Hand gedrückt hatte? Aber immerhin, — mochte es sein, denn je weiter dieser verkommene Mensch entfernt wurde, desto besser für alle. „Wenn dir mit hundert Mark gedient ist," unterbrach Stefan die eingetretene kurze

und stehen blieb, trat der Hausknecht des Hotels zu den „Drei Königen" atemlos auf ihn zu. „Die Frau Gemahlin sandte mich nach Ihnen aus, Herr Doktor; sie ängstigte sich; es ist ein Telegramm an Sie angekommen; ich sollte es Ihnen bringen, konnte Sie aber so schwer einholen. Hier — bitte!" Mit diesen Worten überreichte er ihm ein verschlossenes Kouvert. Stefan erbrach es eiligst und entzifferte folgende Worte: „Dr. Weimann vom Schlag gerührt, kommen Sie sofort. Dr. Zeltner." Stehenden Fußes eilte Werner

zu seiner ihn klopfenden Herzens erwartenden jungen Frau, und anstatt daß sie ihre Hochzeitsreise nach dem Süden fortsetzen konnten, kehrten sie nun noch dieselbe Nacht mit dem Schnellzug in ihre Heimat zurück und eilten voll Sorgen^an das Krankenlager des alten Weimann. Alpenpanorama im Nebelmeer vom Pilatuskulm aus gesehen. Stefan entnahm das Geld seinem Taschenbuche und übergab es ©rote, der Werner voll Dankesfreude in die Arme schließen wollte. „Laß gut sein, Max!" wehrte dieser ab. „Halte dein Wort und reise

in Wildemann zurückgedacht, ob das gar mit den Grund zur Auflösung ihres Verlöbnisses gebildet hatte? Ob sie am Ende auf ihn gewartet — gehofft hatte? Und er? Hatte er sich denn so leicht in die Trennung gefunden? Und jetzt war eine andere sein Weib! Stefan lief, in seine Gedanken versunken, am Rheinufer auf und ab und beachtete es gar nicht, daß ein Mann ihm schon seit etwa zehn Dieser war wirklich vom Schlage betroffen und seine linke Seite gelähmt worden, doch war es glücklicherweise

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 18 di 20
Data: 04.07.1903
Descrizione fisica: 20
erlauben Sie, datz ich mich meiner Retterin vorstelle: Mein Name ist Stefan Werner, Doktor der Rechte!" „Und ich heitze Theodora Reinfeld und bin mit den Meinen zur Kur in Wildemann. Aber hier," fuhr sie fort, „müssen Sie sich fester auf meinen Arm stützen, damit Sie die kleine Anhöhe ersteigen können!" Werner war genötigt, von dieser Erlaubnis Gebrauch zu machen; er lehnte sich in der Tat fester auf ihren Arm und so kamen sie end lich mit Hilfe seines Stockes an die am Waldessaume gelegene Bank

, auf welche Stefan sich mit einem Seufzer der Erleichterung nieder sinken ließ. Seine Hüfte schmerzte ihn mehr, als er eingestehen mochte; er fühlte sich sehr schwach und wie zerichlagen. „Wenn Sie gestatten, will ich nur mein Velo irgendwo unterbringen, damit es nicht etwa gar unterwegs von Unberufenen mitgenommen wird, dann sehe ich wieder nach Ihnen und wenn es Ihnen besser ist, fahre ich nach Wildemann und requiriere Hilfe zum Heimweg " Mit diesen Worten enteilte sie und Stefan blickte der schlanken Gestalt

da plötzlich eine süße Stimme an sein Ohr. „Sie haben ja das Tuch verloren und Ihre Wunde blutet von neuem! Kommen Sie, legen Sie Ihr Haupt an meine Schulter, — so. und nun verbinde ich Ihnen die Stirn von neuem!" Stefan lietz alles mit sich geschehen; ihm war so wundersam zu Mute; er ruhte so sanft, so selig! O, nur kein Erwachen, — nie — niemals mehr! Theodora war der Verzweiflung nahe. An ihrer Schulter lehnte der — wie sie jetzt selbst glaubte - sterbende Mann, den sie in keinem Falle so verlassen

: Kloster Treskawetz bei Perlepe. j gegen ein. „Sie sind noch zu elend! Vielleicht wenn ich noch ein wenig warte, bis Sie sich mehr erholt haben! Rehmen Sie noch ein Schlückchen Kognak!" Stefan gehorchte ihr wMg und fühlte, wie sein Blut wieder schneller kreisle und mehr Leben in ihn kam. Schmerzen fühlte er

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Tiroler Post
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Pagina 10 di 12
Data: 18.07.1903
Descrizione fisica: 12
zu der Waldbank hinan und ließen sich darauf nieder. Eine ganze Weile saßen sie Seite an Seite, ohne zu reden. Vielleicht war in beiden die Erinnerung wachgerufen worden, wie er hier hilfsbedürftig sein Haupt an ihre Schulter gelehnt hatte. „O. Gott," dachte Stefan, „wenn ich doch damals an ihrer Seite mein Leben hätte lassen dürfen!" Und sie? Was dachte Theo dora? Vielleicht: „Wenn ich nur Stefan früher als Max kennen gelernt hätte!" — wer weiß? Theodora zog ein kleines, in rotem Safsian gebundenes Büchlein

nebst Bleistift hervor, schlug ein leeres Blatt auf und reichte es ihm hin. Ehe Stefan schrieb,fragte er: „Würden Sie wohl auch ein paar Worte zur Erinnerung hier in mein Taschenbuch schreiben?" „O, ja," erwiderte sie, „geben Sie her!" .... während sie nach demselben griff, begegneten sich ihre Hände, und pwtzltch lagen diese Hände ineinander, als ob sie sich nimmer lassen wollten. Minuten waren so verstrichen, keines sprach ein Wort. ja. sie wagten kaum zu atmen. ' ' Da endlich raffte Theodora

sich auf, löste sanft ihre Hand aus der semigen und sprach: , : --„Wir müssen scheiden, in einer halben Stunde muß ich zurück sem, — ich erwarte ja meinen Verlobten!" ; Ohne ein Wort zu sprechen, ergriff Stefan das Buch, und während Vom Nhonetal ins Lhamonü:-Ueberstcht der Hauptsteigungsstrecke der elektrischen Eisenbahn Martianri nach Chamonir, zwischen Bernayaz und Salvan. sie hineinblickte, schrieb er folgende Worte nieder: „Es ist bestimmt in Gottes Rat, Daß man vom Liebsten, was man hat, Muß scheiden

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Tiroler Post
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Pagina 13 di 16
Data: 11.07.1903
Descrizione fisica: 16
Himmel, sollte er denn wahnsinnig werden? Da — endlich — schlug wieder ein Geräusch an sein Ohr, — ein Geräusch wie von einem sich nahenden Wagen, und jäh entriß ihn das gleichsam seiner Seelenmarter. Ob das sie war? Ob er sie Wiedersehen würde — Theodora? Das Gefährt, dessen Herankommen Stefan aufgeschreckt hatte, war wirklich das erwartete. Unten auf der Chaussee hielt ein Einspänner und eine schlanke Hand winkte zu ihm hinauf. Stefan war aber nicht im stände, zurück zuwinken; er vermochte kaum

sich zu rühren. Eilig entstieg darum die junge Dame, deren Bekanntschaft er auf eine so merkwürdige Weise gemacht hatte, dem Wagen; ihr folgte ein etwa sechszehnjähriger junger Mensch, der auf ein Zeichen von ihr das Pferd am Zügel hielt, während der Rutscher abstieg und Theodora den Waldpfad hinan nach der Bank folgte, auf der Stefan ruhte. Voll Spannung beugte das junge Mädchen sich über letzteren und bemerkte mit Besorgnis, daß er wieder sehr blaß und elend aussah. „Könnten Sie sich mit unserer Hilfe wohl

jetzt aufrichten, Herr Werner?" redete sie Stefan an. „Der Kutscher und ich bringen Sie an den Wagen, während mein Bruder das Pferd am Zügel hält. Leider sind die Eltern noch nicht von Grund zurück, wohin sie heute mit Freunden eine Partie machten, sonst wäre Papa statt meiner mit gekommen. Aber während der Kutscher anspannte, habe ich schon Quartier für Sie gemacht, bei netten, lieben Leuten, der Familie des Bergmanns Hermann Apel; die haben ein hübsches Parterrezimmer für Sie frei und machen es schon zurecht

; sie sind auch gleich zum gegenüberwohnenden Arzt gegangen, der zur Verfügung steht, sobald Sie erst zu Bette gebracht sein werden. So, — nun treten Sie lang sam auf, der Kutscher stützt Sie auf dieser Seite, Ihren Rucksack habe ich hier, — jetzt nur noch die wenigen Schritte, und Sie sind am Wagen!" Endlich! Unter heftigen Schmerzen war Stefan im Wagen nieder gelegt, im Rücken weiche Kissen, die Füße auf dem Rücksitz, neben ihm Theodora, die seinen Hut auf dem Schoße hielt. Ihr Bruder schwang sich neben

den Kutscher auf den Bock, und langsam und vorsichtig ging es vorwärts. So fuhr Stefan Werner in das schmucke Bergstädtchen ein, seine Hand umfaßte Theodora's Rechte und in seinem Hirn kreisten die Gedanken: „Dieses Mädchen, dieses edle, schöne Geschöpf ist die Ver lobte von Mar Grote! Nein, es ist ein Irrtum, es kann, es darf nicht sein! Doch, was hast denn du damit zu schaffen? Was geht das dich an? Das geht dich gar nichts an, du bist ja nur — du bist ja nur “ „Wir sind am Ziel!" klang

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 14 di 16
Data: 11.07.1903
Descrizione fisica: 16
Du ihn denn noch nicht gelesen?" „Nein, das hat ja auch Zeit bis später," erwiderte sie. „Aber er versprach mir, Briefmarken beizulegen! Bitte, sieh doch nach, ob keine darin sind!" drängte Georg. „Meinetwegen dürfen Sie sich nicht zurückhalten lassen, mein ver ehrtes Fräulein," fiel Werner ein, „ich blicke einstweilen hier etwas in die Zeitung." Und während Stefan dieselbe entfaltete und eifrig darin zu studieren schien, zog Theodora aus ihrer Tasche einen Brief hervor, erbrach denselben und las folgendes: „Magdeburg

mit Georg zurücklegen, Herr- Werner?" Bezau, Endpunkt der „O, gewiß, natürlich!" erwiderte Stefan. „Ueberhaupt ist mein Befinden jetzt so, daß ich niemand mehr zu bemühen brauche, und Sie dürfen mir Ihre Zeit nicht länger opfern." „Von einem Opfer ist keine Rede," war ihre Antwort, „und ehe ich es vergesse: die Eltern lassen Sie auf morgen zu einer Spazier fahrt mit uns in's Okertal einladen; wir würden etwa um zehn Uhr abfahren und den ganzen Tag dazu benutzen. Mamma besonders wünscht

, Sie einmal auf länger in unserer Familie zu sehen, und im Kurhaus ist man nie unter sich. Glauben Sie, es unternehmen zu können? Würde die lange Fahrt Sie am Ende auch nicht zu sehr anstrengen?" Stefan schwankte, was er tun sollte? Einen ganzen langen Tag an ihrer Seite hinauszufahren in die herrliche Natur? Durfte er das? Aber wer hatte darunter zu leiden, als vielleicht er selbst? Und war die Wonne eines solchen Zusammenseins nicht das Leiden wert, das für ihn ja kommen mußte. „Nun, Sie antworten nicht, Herr

in acht bis zehn Tagen in Aussicht stellte. Seit jener Partie in's Okertal, die wirklich ausgeführt worden, waren nun wieder acht Tage verflossen. Stefan Werner hatte sich vollständig von seinem Unfall erholt, und doch war eine Veränderung mit ihm vorgegangen. Die Frische, das Vollbewußtsein seines Glückes und seiner Freiheit waren ihm abhanden gekommen und er mochte tun und sich sagen, was er wollte, er konnte sie nicht wiederfinden. Heute saß er nun, zum letztenmal wol, auf seiner Lieblingsbank oben

am Hüttenberg, nahe bei der Georgenhöhe, von wo aus man das hübsche Städtchen ganz vor sich liegen sah. Es fiel ihm heute von neuem auf, wie reinlich und blitzblank die Häuser aussahen, alle mit roten Ziegeln gedeckt, mit Ausnahme des Turmes der kleinen, am gegenüberliegenden Berge gelegenen Kirche, der allein ein Schiefer dach bekommen hatte. Was für seelische Wandlungen waren doch in dieser kurzen Zeit, die er in Wildemann verweilt hatte, mit ihm vorgegangen! Stefan versank immer mehr in Nachdenken

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 19 di 20
Data: 18.07.1903
Descrizione fisica: 20
, „ich glaubte auch anfangs, ihr wäret Studiengenossen, weil er ungefähr zur selben Zeit wie du in Göttingen studier:e, nur ein Jahr früher abging, aber er zweifelte daran; er kenne ja wohl verschiedene Grote, meinte er, aber mein Verlobter könne davon keiner sein!" „Er? Ja wie heißt denn eigentlich dieser Er? Das scheint mir eine etwas wunderbare Geschichte!" „Dieser Er heißt Stefan Werner; ich habe ihn, als er vor einigen Wochen zu Fuß hier ankam, beinahe mit meinem Rade überfahren." „Stefan Werner

, der Iu- rist? und der behauptete, er kenne mich nicht? Da sollen ja doch tausend Don- — Ja, so." unterbrach er sich selbst, „in Damengesellschaft ist das nicht erlaubt! Nun, das war sogar ein Intimus von mir; es gab nur einen Stefan Werner in Göttingen unter allen Komili- tonen. Und der verleugnete mich!" „Nein, das tat er nicht! Ich wiederhole dir nur seine Worte: daß mein Verlobter der Grote nicht sein könne, den er meine!" „Nicht? Und von unserer Begegnung in Na, da hätte ich bald einen dummen Streich

umschlang Theodora die treue Mutter und weinte — weinte, als ob ihr das Herz brechen wollte. Werner war in Hannover wolbehalten angekommen und von seinen Geschwistern daselbst auf das Herzlichste empfangen worden. Seine Schwester fühlte sich aber durch das leidende Aussehen ihres vor seiner Ab reise so blühenden Bruders sehr beunruhigt und besonders fiel ihr der große Ernst des sonst so heiteren jungen Mannes auf. Sie zeigte ihm ihre Sorge nicht, schrieb alles noch dem Falle zu, von dem Stefan

in den Händen vergraben, auf öenc Sofa lagen. „Was ist dir, Stefan? rief sie voll Schrecken aus. „Bist du krank?" Werner ließ die Hände sinken und sie blickte in ein todblasses Antlitz. „Hat dir jener Brief dort schlimme Nachrichten gebracht?" „Ich habe soeben eine Hoff nung zu Grabe getragen, zu der ich allerdings kaum berechtigt war; aber der Mensch ist ein Narr, daß er erst dann sie aufgiebt, wenn er es schwarz auf Weiß sieht, daß er vergebens gehofft hat. Mit diesem Gedanken sich abzufinden, ist schwer

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Tiroler Post
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Pagina 8 di 10
Data: 08.08.1903
Descrizione fisica: 10
abmachen ließen. Er wollte heute ein mal mit Marie darüber reden; vielleicht mochte sie sich der netten deutschen Fa milie anschließen, die mit ihnen im Hotel wohnte und mit der sie sich schon recht befreundet hatte. Da kam sie eben und Das Sarntal winkte ihm schon mit dem Sonnenschirm. Sie fuhren erst ein Stückchen mit einem der am Fuße des Berges wartenden Wagen, denn Stefan fürchtete jede Ueberanstreng- ung für seine Frau, und dann wandelten sie langsam, Arm in Arm, plaudernd und lachend die Anhöhe

liegen. übersehen konnte. Sie glichen blühen den Gärten mit ihren Cy- pressen, Palmen, Rhododen dren, Azaleen, zwischen denen einzelne schöne, weiße, au« Marmor hergestellte Monu mente sichtbar wurden. Stefan wandte sich zu Marie, um irgend eine Be merkung zu wachen; da sah er, wie zwei Thränen sich aus ihren Augen stahlen und langsam, Perlen gleich, über ihre Wangen rollten. „Duweinst, mein Kind?" fragte er und ergriff eine ihrer Hände. „Bist du nicht glücklich?" w „Zu sehr, Stefan, zu sehr!" brach

es mich wie eine Ahnung und dann sehne ich mich so sehr nach unserm Dorchen! Aber, Stefan, wie es auch kommen möge, — du verläßt mich nicht, nicht wahr? Du gehst nicht Der Lindenhof mit der Schipfe in Zürich. Köpfchen und kleine goldene Löckchen spielten, vom leichten Winde be- ! wegt, ihr um Stirn und Nacken. Ihre zarten Wangen waren rosig angehaucht und gaben ihr das Bild der Jugend und Gesundheit. Entzückt betrachtete Stefan sein junges Weib, während sie sich zusammen auf einer Ruhebank niederließen

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 19 di 20
Data: 22.08.1903
Descrizione fisica: 20
„Und hat Ihnen sein Tod wehe getan?" fragte Werner teil nahmsvoll. „Haben Sie ihn einst wirklich geliebt, Theodora?" „Sein Tod hat mich mit ihm versöhnt! Geliebt hatte ich ihn nie! Es war ein Irrtum meinerseits, den ich schon bei unserm letzten Zusammensein hier in Wildemann einsah." „Schon damals?" unterbrach Stefan sie. „Und Sie haben es nicht zu ändern vermocht?" „O, doch, allein es war zu spät!" „Zu spät? Inwiefern? Sprechen Sie, warum war es zu spät?" „Ach, das ist ja jetzt alles längst

können, oder wenn Sie hier noch ver weilen wollen, ich muß zurück!" Auch Stefan stand, obwohl halb wider strebend, von der Bank auf, und eilends, ohne noch viele Worte zu wechseln, schritten sie, jedes in tiefe Gedan ken versunken, ihrer zeitweiligen Heimat zu. Aber kurz vor dem Einbiegen in den Weg, der nach dem Hotel führte, blieb Werner stehen und sich zu Theodora niederbeugend, flüsterte er: „Haben Sie keine Antwort auf meine Frage?" „Und Ihre Frau?" erwiederte sie da. „Ist sie nicht die richtigste Pflegerin für Ihr Kind

?" „Meine Frau?" wiederholte Werner erstaunt. „Ja, wissen Sie denn nicht, daß ich sie verloren habe, daß ich vor mehr als einem Jahre Witwer geworden bin?" „Keine Silbe!" stammelte Theodora verwirrt. „O, Sie Aermster! Und ich erzähle Ihnen alle die Zeit nur von mir, während Sie doch das größte Leid betroffen hat! Das arme, mutterlose Kind! Ich eile zu ihm, denn hier sind wir ja wieder am Kurhause angelangt!" Ehe Stefan es sich versah, war Theodora davongeeilt, und er blieb mit seinen Gedanken im Garten

— alles ging unter für seine nach dem einen einzigen, wahren Glück dürstende Seele vor dem Licht dieser Zukunft! Wie lange Stefan, durch sein Grübeln und Denken ganz und gar der Welt entrückt, im Garten auf- und abgewandelt, ob es Mi nuten, ob es Stunden waren, er wußte es nicht zu sagen, bis endlich Malcesine am Gardasee. der Kellner nach ihm ausschaute und ihn aufforderte, zur Abendtafel zu kommen. Er eilte rasch auf sein Zimmer, um sich etwas zurecht zu machen und nach seinem Dorchen zu sehen. Da fand

so ganz befriedigt gefühlt habe, ohne sich damals klar darüber geworden zu sein. Jetzt nahte die Zeit heran, daß Theodora scheiden sollte. Ein dringender Brief ihres Bruders lud sie nach einem Städtchen im Thüringer Walde ein, wo er seine Ferien bei Freunden verbrachte, die auch Theodora erwarteten. Sie hatte den Brief am morgen er halten und dessen Inhalt Stefan nur kurz mitteilen können, weil dieser von seinen früheren Hauswirten, dem Bergmann Hermann Apel und Familie, abgeholt worden

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Tiroler Land-Zeitung
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Pagina 19 di 20
Data: 04.07.1903
Descrizione fisica: 20
107 kaum mehr, wenn er sich ganz ruhig verhielt. Sie kamen überein, noch ein halbes Stündchen zu warten; noch war es ja Heller Tag, wenngleich schon nahe an sieben Uhr. „Also Sie sind verlobt, gnädiges Fräulein?" nahm Stefan nach Das neue Universttätsgebäude in Bern. (Phot. Krenn.) längerem Schweigen die Unterhaltung wieder auf. „Das hätte ich mir eigentlich denken können, daß ein Wesen gleich Ihnen —" „Ich bitte Sie, Herr Werner," unterbrach sie ihn, „nur jetzt keine Ballsaalkomplimente

weiter, da er sich nur kurz auszuhalten gedachte. Da war ihm die laute, be fehlende Stimme des eben Eingetretenen aufgefallen, der die Kellner hin und her jagte und sich benahm, als ob er hier ganz allein etwas zu sagen hätte. Die Stimme war unverkennbar, die konnte nur Mar Grote angehören. Er sah schärfer hin und in demselben Mo ment blickte der andere herüber, sprang auf und eilte auf Stefan zu. „Werner, alter Junge, du hier?" rief er aus und streckte ihm die Hand entgegen. „Welch wunderbares Zusammentreffen

!" „Ja, wie kommst du denn hierher, Mar?" fragte Werner. „Ich glaubte dich auf einer Studienreise, wovon du mir damals beim Ab schied in Göttingen sprachst!" „Bin ich auch, bin ich auch! Aber denke dir nur, ich Glückspilz habe mich inzwischen verlobt, — mit einem Goldvogel, — enorm reich, sage ich dir, — das soll mir auf die Beine helfen, und nun bin ich auf dem Wege " „Ist eine der beiden Damen vielleicht deine Auserwählte?" un terbrach Stefan seine Rede. „Die? Das sind zwei Balleteusen vom Theater, reizende

Käfer, urfidel, die habe ich heute zum Souper eingeladen, um mir noch einen vergnügten Abend zu machen, ehe es morgen weiter nach Hildesheim und — zu ihr geht! Wie ist's, darf ich dich einladen, bei uns Platz zu nehmen? Sie blicken beide herüber und winken und lachen Na, das glaube ich, so ein flotter Kerl, wie du einer bist, gefällt den Frauenzimmern! Komm', soupiere mit uns!" Stefan lehnte dankend ab, unter dem Vorwand, daß er schon gespeist und sich früh zur Ruhe begeben wolle, da er morgen

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