Du ihn denn noch nicht gelesen?" „Nein, das hat ja auch Zeit bis später," erwiderte sie. „Aber er versprach mir, Briefmarken beizulegen! Bitte, sieh doch nach, ob keine darin sind!" drängte Georg. „Meinetwegen dürfen Sie sich nicht zurückhalten lassen, mein ver ehrtes Fräulein," fiel Werner ein, „ich blicke einstweilen hier etwas in die Zeitung." Und während Stefan dieselbe entfaltete und eifrig darin zu studieren schien, zog Theodora aus ihrer Tasche einen Brief hervor, erbrach denselben und las folgendes: „Magdeburg
mit Georg zurücklegen, Herr- Werner?" Bezau, Endpunkt der „O, gewiß, natürlich!" erwiderte Stefan. „Ueberhaupt ist mein Befinden jetzt so, daß ich niemand mehr zu bemühen brauche, und Sie dürfen mir Ihre Zeit nicht länger opfern." „Von einem Opfer ist keine Rede," war ihre Antwort, „und ehe ich es vergesse: die Eltern lassen Sie auf morgen zu einer Spazier fahrt mit uns in's Okertal einladen; wir würden etwa um zehn Uhr abfahren und den ganzen Tag dazu benutzen. Mamma besonders wünscht
, Sie einmal auf länger in unserer Familie zu sehen, und im Kurhaus ist man nie unter sich. Glauben Sie, es unternehmen zu können? Würde die lange Fahrt Sie am Ende auch nicht zu sehr anstrengen?" Stefan schwankte, was er tun sollte? Einen ganzen langen Tag an ihrer Seite hinauszufahren in die herrliche Natur? Durfte er das? Aber wer hatte darunter zu leiden, als vielleicht er selbst? Und war die Wonne eines solchen Zusammenseins nicht das Leiden wert, das für ihn ja kommen mußte. „Nun, Sie antworten nicht, Herr
in acht bis zehn Tagen in Aussicht stellte. Seit jener Partie in's Okertal, die wirklich ausgeführt worden, waren nun wieder acht Tage verflossen. Stefan Werner hatte sich vollständig von seinem Unfall erholt, und doch war eine Veränderung mit ihm vorgegangen. Die Frische, das Vollbewußtsein seines Glückes und seiner Freiheit waren ihm abhanden gekommen und er mochte tun und sich sagen, was er wollte, er konnte sie nicht wiederfinden. Heute saß er nun, zum letztenmal wol, auf seiner Lieblingsbank oben
am Hüttenberg, nahe bei der Georgenhöhe, von wo aus man das hübsche Städtchen ganz vor sich liegen sah. Es fiel ihm heute von neuem auf, wie reinlich und blitzblank die Häuser aussahen, alle mit roten Ziegeln gedeckt, mit Ausnahme des Turmes der kleinen, am gegenüberliegenden Berge gelegenen Kirche, der allein ein Schiefer dach bekommen hatte. Was für seelische Wandlungen waren doch in dieser kurzen Zeit, die er in Wildemann verweilt hatte, mit ihm vorgegangen! Stefan versank immer mehr in Nachdenken