Südtirol. (Schluß..) Denn wie deutsch diese Art von Siedlung und Bau ist, das beweist ein Blick in die heute noch unübertreffliche italienische Ausgabe der Reise Montaignes, die Professor Alessandro d'Ancona besorgt hat. „Sterzing'. sagt er in seinen Anmerkungen, „würde heute nicht mehr das' schmückende Beiwort „schön' oder „gefällig' verdienen. . . Auch Brixen könnte man heute nicht mehr als schön loben. Es ist unbegreiflich, daß der Verfasser, der so häßliche Nester (eittaduzze) wie Sterzing
und Brixen, schön gesun den hatte, nichts denselben Eindruck von Trient bekam,, das Ende des 16. Jahrhunderts bereits einige geräumige Straßen hatte, Plätze, Paläste, schön gebaute und nach dem Brauche der benachbarten Städte Veneziens gezierte Häuser hatte'. Das Urteil d'Anconas ist das unbewußte Be kenntnis, daß, und- warum der Italiener das-deutsche Südtirol niemals verstehen kann. Es bleibt ihm ewig fremd und unheimlich, er kann es höchstens zerstören. Das köstliche Sterzing darf als Symbol
und zugleich wiederum die ganze herzhafte Freude an Gliederung, Auflockerung, Stufung der Wand, durch. Geschoß und Dach, Tor und Fenster, Laubes und Erker. Wo überhaupt emp findet man die Schönheit der Naturformen des Hauses so stark als etwas Köstliches und Unerschöpfliches wie iw diesem deutschen Südtirol, die Schönheit von Erter, Pfei ler, Laube, Halle, Außentreppe, Lichthaube? Man mag das schwindsüchtige Zeug, das bei uns einen Erker vor stellen soll, nicht mehr ansehen, wenn man die Tiroler Erker
schmerzen, genau wie es dem allen Montaigne sonderbar unbehaglich wurde, als er aus den kerndeutschen „eittaduzze' nach Trient kam. mit seinen vio spaziose e piazze e valazzi. Das deutsche Südtirol ist verständlich nur aus einer langen und lückenlosen germanischen Ver gangenheit, die sich nicht bloß, aus Herrensitz und Kirchen giebel erstreckt, aus Stadtburg und Zwingmaner, Ge- schlechterturm und Bruchwehrzinnen, sondern ans das älteste und bleibendste, ivenn auch: vielfach verstümmelte, übermurle
, unverstandene und sinnlos gewordene: Namen von Ort und Flur, Wald und Wiese, Bach, und Berg. Es wird frei.' Es brennt eine tiefe Wunde In heißem, glühendem Schmerz. Sie quälet zu jeder Stunde Des deutschen Menschen Herz. r .' Es tönt eine bange Frage, Eines Volkes Sehnsuchtsschrei, Es . wehet durch unsere Tage: 8 in Wann wird Deutsch-Südtirol frei? Etz ruft ein haltendes Klingen, Wie Hümmer erzener Klang Sie sollen es nimmer bezwingen! Tenn Tücke währet nicht laug. Es hallet ein krächzendes Girren