nimmt Aufträge entgege«. Freitag, S. Mai 1902. 9.Jahrg. Das Trinkgeld der Abgeordneten. Wien, 29. April. Der deutsche Reichstag hat gestern die Regierungsvorlage über die Gewährung von Diäten an die Mitglieder der Zoll tarifkommission berathen; der wesentliche Paragraph des Entwurfes 'bestimmt, daß jedem Mitgliede der Kommission während der Vertagungi dos Reichstags je 2400 Mk. aus dev Staatskasse' gezahlt werden- soll. Staatssekretär Gras Posa-' dolvsky, welcher den Gmfen Bülow ve^wt, erklärte
erkennen, daß auch der deutsche Parlameirtarisnrus im Laufe der Jahre ein schwächliches, wenig leistungsfähiges, 'ivcht.zweifelhaftes Ge schöpf geworden ist »das reicht inchr viel gemein hat mit jen<n Prächtigen Instrument, von dem man zur Zeit der konstitutio nellen BlüthelMÄume die B^sebtigung aller? staatlichen Uebel und das Heil der Bürger erhoffte. Der deutsche Reichstag ' galt bisher^ nächst dein britisä^en Unterhause, als das Mieter Parlament', gewählt auf der. Grundlage des allaenieil.cn
, gleichen Wahlrechtes, 'repmsentirte er ur Wahrheit das deut sche Volk, imd je höher dieses Mchs desto größere Leitungen -kotmie man auch von seiner Ber,^)tung erwarten. Das -Gegeirtheil aber ist lvahr geworden: Man kann heute vom deutschen Reichstag weniger ,als jemals früher ertvarten. Soll er eine besondere Leistung vollbringen, -so müssen seine Mitglieder extraz hierfür. bezaW werden. Die deutsche Presse spricht von eineni.Trinkgeld.daA man den Abgeordneten ver abreichen wolle, voir
werden kann.' In-der .Thait der deutsche Reichstag ist .einsah arbeite unfähig geworden. ' Die Behaindlung des Zolltarifs in dev Kommission nracht es ganz unabsehbar, wann der Tarif vor das Plenum gelangm könnte, und wenn anich die Oppositiott- der agvarischel^ wie diese niDäWMischm Gegner des EntWuM azn dieser Ber^gevllng die-meiste Schuld trägt, so ist ein Theil der VeMuldung sicherlich auch dem Maingel an Nein seiteirs der KomMissonsmitiglieder zuzuschtreiben. Und gar erst das Plenum. „Heute ist', .sagte Eugen Richter
gegen das allgemeine Wahlrecht gedacht; er hat W gri'indlich verrechnet und heute ist die sozialdemokrat ische Partei nicht mn eiiren Mamv schlvächer ini Reichstage ver treten, als sie es bei Zubilligung von Diäten lväre. Die Frage, ob es besser sei, die Mgeordneten zu bezahlen 00 er nicht, ist also Heilte wieder völlig offen. Der deutsche diäten- lose Reichstag leidet genau so an Arbeitsunfähigkeit ivie andew Parlameirte, welche ihr«: Mitaliedevir Diäten zahlen. Im deÄscheiiz Reichstage gibt es allerdings kewö