und Großdeutschen angenommen wird. Wahlen zum Reichstag. Nach langem Zögern endlich die Tat! Nicht bloß Sozialdemokraten, sondern ein großer, wahrschein lich der weitaus größere Teil der Bewohner von Deutschland werden mit diesen Worten die Auf lösung des Reichstages begrüßt haben. Das „Haus", das da in die Versenkung verschwunden ist, hat eben beinahe nur noch Entsetzen hervor- gerusen. Entsetzen natürlich vor allem wegen den widerlichen Szenen und Komödien, die von der äußersten Rechten und von der äußersten
Linken, also von den Hakenkreuzlern, Deutschnationalen, und von den Kommunisten beinahe in jeder Haus sitzung aufgeführt worden sind. Im Deutschen Reichstag war früher ein überaus vornehmer Ton der Hauptbestandteil der Haussitten. Wir erinnern uns noch lebhaft eines Entrüstungsrummels, den im alten Reichstag ein Pfuiruf hervorgerufen hat, der von den Bänken der Sozialdemokraten zu den Plätzen der Konservativen hinübergeschleudert wor den ist. Diese Ueberempsindlichkeit, die zum Teil
auch noch im ersten Reichstage nach dem Umsturz eine Rolle spielte, war im letzten Reichstag abgelöst von wüstem Radau. Wbwechflungsweife schrien und lärmten die Kommunisten, die ihre Fraktion mit einer eigenen Pfeiferl- und Blechdeckel-Konzert abteilung ausgerüstet hatten. Ein andermal wie der die Hakenkreuzler um Ludendorff und ein drit tes Mal ließen die Deuffchnationalen ihre Bildung an wüsten Schimpfwörter:, die zumeist an die Adresse der Sozialdemokraten gerichtet waren, er kennen. Dieser fortwährende
Spektakel, dieses Kra- wallieren um des Krawalles willen, hat in sehr weiten Kreisen ein Gefühl der Beschämung hervor gerufen. Abgesehen von den widerlichen Tumultszenen, konnte der nun aufgelöste Reichstag auch mit dem Politischen Leben des deutschen Volkes keine rich tige Verbindung anknüpfen. Die Zusammensetzung des Reichstages entsprach eben nicht der Gesinnung und Auffassung der Volksmehrheit. Als dieser Deut sche Reichstag gewählt wurde, war das deutsche Volk noch schwer krank. Der Ruhrkrieg
hatte, und aus dieser Krankheit ging der Reichstag hervor. Der Reichstag, in dem Nationalisten und Kommunisten in einer Stärke saßen, die jede gedeihliche Arbeit unmöglich machen mußte. lieber das mutmaßliche Ergebnis der Neuwah len, die wahrscheinlich bereits am letzten Sonntag im Monat November statffinden, Betrachtungen anzustellen, wäre natürlich höchst überflüssig. Aber die Tatsache muß und soll konstatiert werden, daß heute die Stimmung im deutschen Volke eine ganz andere ist, als im Mai, wo es zum letzten Male