Korneu- burg vor einem Schöffensenat der Prozeß gegen drei Fürsorgerinnen, die für das Forte- dol-Unglück verantwortlich gemacht werden. Die Angeklagten, die 52jährige Amtsrätin Juliane Plan, die 53jährige Oberfürsorgerin Katharina Schöttner und die 33jährige Fürsorgerin Hermine S c h ö d 1, sind wegen Vergehens gegen die Sicherheit des Lebens angeklagt. Die Anklage wirft Frau Amtsrat Plan vor, sie habe im Oktober 1949 als Leiterin der Wohlfahrtsstelle im Sozialministerium einen Kanister mit zehn
Liter Fortedol, den sie aus einer schwedischen Spende zur Verteilung er hielt, dem Jugendamt der niederösterreichi schen Landesregierung weitergegeben, ohne die Oberfürsorgerin Schöttner genügend über das Präparat zu informieren. Frau Plan hätte nach Ansicht der Anklagebehörde überhaupt das Fortedol nicht verteilen, sondern an die Apothekenabteilung des Sozialministeriums weitergeben sollen, weil sie als Fürsorgerin nicht für die Medikamente zuständig war. Die Oberfürsorgerin Schöttner
. In Hainburg ging alles in Ordnung Frau Plan berichtet über die erste Forte- dol-Sendung aus Schweden: Ich erhielt den Kanister verpackt und ohne Bezeichnung. Da ich gerade nach Schweden fuhr, erkundigte ich mich nach dem Inhalt. Man sagte mir, daß das die Fortedol-Sendung sei, und ich schickte nach meiner Rückkehr den Karton ungeöff net dem niederösterreichischen Landesju gendamt. Der Oberfürsorgerin Schöttner er klärte ich am Telephon, daß das Präparat ähnlich wie Vigantol (tropfenweise) zu ver wenden
sei. — Vors.: In Ihren früheren Aus sagen waren Sie nicht so sicher, was Sie Frau Schöttner gesagt haben. — Angekl.: Ich habe mich vorsichtig ausgedrückt. Der Fortedol-Kanister wurde, wie die An geklagte erzählt, der Hainburger Fürsorge stelle übergeben. Die zuständige Aerztin rief kurz danach bei Frau Plan an und erkundigte sich nach der Wirkungsweise des Fortedols. Frau Plan sagte ihr, es sei wie Vigantol zu verwenden. Tatsächlich ging im Hainburger Bereich alles in Ordnung. Vors
wurde. Außerdem gibt es ja in Niederöster reich eine Sanitätsdirektion. „Das ist aber fein!“ Ich hatte keine Ahnung, was Fortedol war, erklärte die Angeklagte Schöttner im Verhör. Ich habe versucht, Frau Plan zu fragen, sie war aber nicht zu erreichen. Die Hainburger Fürsorgerin nahm den Kanister mit. Ich sagte ihr: „Das Präparat ist nicht ohne ärztliche Anweisung zu verwenden. Wenn sich die Aerztin nicht auskennt, soll sie Frau Plan im Ministerium anrufen!“ Das hat sie ja auch getan. Als der zweite