! tra»c» publicik. Bureau, Wien, Ztaudensteinqaslc 7. Kolter und gomp., Wen, l. Aikinerqallt, »L 109. Montag, den 13. Mai 1878. Eine diplomatische Friedenstaube Am Samstage brachte der Telegraph die Nachricht von der Ankunft des russischen Botschafters, des in letzte: Zeit vielgenannten Grafen Schuwaloss in Ber lin, von seiner Konferenz mit dem Staatssecretär Bülow und seiner sodann erfolgten Weiterreise nach St. Petersburg. Bekanntlich gilt diese Reise des Gra fen der ganzen politischen Welt
gewürdigt'und seinem persönlichen Einflüsse scheint es zu danken, wenn es nicht längst zum offenen Bruche kam. Wie man hört folgt Graf Schuwaloss, indem er sich 7.ach Petersburg begibt, nicht einem an ihn er- gangenen Rufe, sondern er brachte selber seine Reise in Vorschlag. Dieser Umstand bürgt an und für sich schon für den ernsten Charakter, den die russisch, englische Dif- ferenz in der letzten Zeit angenommen hatte. Graf Schuwa loss muß wohl die Ueberzeugung gewonnen haben, daß man in Petersburg
und die be stimmten Punkte anzugeben, deren Abänderung Eng land in dem Friedensvertrage von San Stefano ver langt. Er hofft, daß es seinem persönlichen Einschrei ten in Petersburg gelingen werde, auf Grundlage die ses von englischer Seile formulirten Verlangens eine Ausgleichung der noch bestehenden Differenzen herbeizu führen. Wie von Außen her mitgetheilt wird, bezie- hen sich die Veränderungen, welche England heute an dem russisch türkischen Friedensvertrage vorgenommen haben will, auf eine Modifikation oer
von General Jgnatieff abgesteckten Grenzen des neuen Bulgarien und auf eine Ein - schränkung des russischen Gebietserwerbes in Armenien. Man spricht von Batum und sogar von KarZ, worauf Rußland verzichteil niöge. Ob dieses die eigentlichen Forderungen Englands sind, welche Graf Schuwaloss in seinem Portesenille nach Petersburg mitnimmt und dort mitzutheilen hat, wer weiß dies? Immerhin könnte es geschehen, daß Nußland ebensowenig auf solche Forderungen einginge, als England im Verlaufe weiterer
über das geblieben sein, was man in London unverrückt festzuhalten und was man unter Umständen nachzulassen entschlossen ist. In Petersburg sindet Graf Schuwaloss jedenfalls einen für seine Vermittlungs arbeit weit empfänglicheren Boden, als man nach dem wüsten Geschrei der panslavistischen Streber und der etwas sorcirten Ironie der inspirirten Federn der Staats kanzlei annehmen sollte. Kaiser Alexander ist gegen wärtig wieder in friedfertiger Stimmung und man darf die Hoffnung hegen, daß die gewichtigen Gründe