, monatlich Nr. 74 Innsbruck, Donnerstag, 2. April 1914 22. Zahrg. Vom Lage. Innsbruck, 2. April. 3mM znm «lerikalismus. Eigenartig ist die Entwicklung der christlichsozia len Partei in Tirol: sie ist nicht, wie in Wien, groß geworden im Kampfe gegen den Liberalismus, sie ist auch nicht, wie in Oberösterreich,Salzburg, Steier mark und Vorarlberg, aus der alten klerikalen Par tei hervorgegangen, sondern eine — so komisch es auch klingen mag — antiklerikale Schöpfung. Als Schraffl in sich die Befähigung
Regie rung am 19. April 1530 ein offenes Schreiben an Ouophrius zu Freiberg, an seine flüchtige Frau, an alte Verwandten und Gläubiger, an alle, die An sprüche oder Forderungen an die Sektiererin hät- wohl wisse, welcher der wahre, der echte katholische Kandidat ist. Gegen diesen starren, terroristischen Klerikalis mus hat Schraffl die christlichsoziale Partei aufge richtet. Das war keine kleine, aber, wie wir heute sagen können, eine recht verdienstliche Arbeit. Denn um das Volk zu gewinnen, mußte
es Schraffl von der Schlechtigkeit, von der Nichtsnutzigkeit der kon servativen Wirtschaft überzeugen, er mußte jede Tat der Konservativen einer ebenso vernichtenden Kritik unterziehen wie Dr. Lueger in seiner Werde zeit die Handlungen der Liberalen Wiens. In die ser Kritik kam Schraffl naturgemäß in Gegensatz zum Klerus, der zum überwiegenden Teile fanatisch den Konservativen anhing, er kam in Gegensatz zu den Bischöfen, die alles daransetzten, die unbedingt päpstlich-katholische konservative Partei
zu erhalten. Schon die vehemente Kritik an der klerikalen Partei war eine, wir gestehen es offen, sehr lobenswerte Arbeit von bleibendem Werte. Was Schraffl den Bauern von der Schädlichkeit eines Pfaffenregimes sagte, ist in vielen Herzen hängen geblieben. Aber die bloße Bekrittelung des Gegners hätte die Christ lichsozialen nicht emporgebracht. Schraffl mußte den Bauern auch sagen, daß er und seine Partei es an ders, besser machen wollen, und das hat er auf das ausgiebigste besorgt. Aber auch hierin
: er hat die Schläge mit kräftigen Hieben abgewehrt: dieser vehemente, dieser rücksichtslose Kampf gegen die klerikal-bischöf liche Partei führte die Organisation der christlich- sozialen Partei Tirols, den Bauernbund, empor. Das war der Aufstieg Schraffls. Nun macht er mit seiner Partei denselben Weg zurück. Schraffl hat sich, zur Macht gekommen, mit dem Klerikal-is- mus ausgesöhnt; je mehr seine Partei auf reforma- torischem Gebiete versagte, je weniger sie von ihren Versprechungen erfüllte, desto mehr brauchte