unter obiger Uebers-i,rift einen interessanten Artikel über den Plan einer Zollunion zwischen Oesterreich und Deutschland, dem wir folgende Absätze entnehmen: , Immer deutlicher stellt sich heraus, daß die Überraschungsstrategie. mit der das deutsch-österreichische Zollprotokoll im Ge heimen vereinbart und wie ein Blitz aus heiterem Himmel der Weltöffentlichkeit bekannt gegeben wurde, die politische Lage erheblich gestört hat. In Frankreich ist Briand den schwersten Vorwürfen aus- gesetzt
zwischen Oesterreich und dem Deutschen Reich, die Herstellung eines einheitlichen Wirt schaftsgebietes unmöglich gemacht werden. Und zwar nicht nur für die Zeit, da die Völkcrbund- anleihe, die der Preis für die Ausdehnung der sogenannten Unabhängigkeit war, noch nicht getilgt ist, sondern auch noch darüber hinaus. Man kann ernstlich zweifeln, ob der Preis, den da Oesterreich gezahlt hat, nicht zu hoch war. Aber man kann nicht bezweifeln, dast das Genf t Protokoll einer Zollunion zwischen Oesterreich nnd
Deutschland nur insoweit im Wege steht, als Oesterreich mit einer solchen Zollunion dem Deutschen Reich „ein Condersystem oder aus- fchliestliche Vorteile zugestcht'. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn, wie in dem von den Ministern des Aeutzern der beiden Staaten vor bereiteten Vertrag, nicht eine auf Oesterreich und Deutschland beschränkte, nicht eine geschlossene, sondern eine offene, v. h. eine solche Zollunion geschaffen werden soll, der alle anderen Staaten beitreten
können, wenn also sich Deutschland und Oesterreich in einer einen Bestandteil des er wähnten Vertrages bildenden Klausel verpflich teten, jeden anderen Staat als Mitkontrahenten zuznlasien.' Diese Vereinbarung zwischen Wien und Berlin, wonach sich die beiden Negierungen schon jetzt bereit erklären, „auch mit jedem andern Lande auf dessen Wunsch in Ver- handl'.ingen über eine gleichartige Rege lung einzutreten', stellt in den Augen Berlins nnd Wiens den Rettungsanker dar, ohne den eine Zollunion zwischen Österreich
sich auch im Reichstag in sehr ver schiedenen Kreisen eine gewisse Kritik geltend, die nicht allein die Form des div- lomatischen Abschlusses betreffe, sondern auch die Sache selbst. Im „Berliner Tage- blatt' wagt der sachkundige Günther Stein folgende Bedenken auszusprechcn: „Drcinndsechzlg Millionen Deutsche und sechs einhalb Millionen Oesterreichs sollen,' wie cs im Protokoll heißt, „ihre zoll- und handels politischen Verhältnisse anglelchen'. Die Zoll grenze zwischen Deutschland und Oesterreich