Beilage zu Nr. 27 des „Burggräflcr' vom 2. April 1898. Unser Abgeordneter Baron Dipanli. (Schluß.) Meine Herren! Es würde zu weit führen, noch einen großen Rückblick auf die Bergangenheit zu werfen. Aber das ist absolut nicht zu leugnen: wie vielleicht nirgends auf der Welt, stoßen sich hart im Raume die Nationen, wie in Oester reich. Oesterreich ist kein einheitlicher nationaler Staat; in Oesterreich hat die Geschichte, hat vie Monarchie, haben die Verhältnisse die verschieden sten Nationen
mit einem Bande verbunden. Losen Sie dieses Band, meine Herren, und Sie lösen Oesterreich. — Es würde zu weit führen, hier einen geschichtlichen Rückblick zu machen, aber ich möchte doch Folgendes erwähnen. Zu einer Zeit, wo die Nationalitätenpolitik in Mittel- europa eigentlich, ich möchte sagen, ihren ersten Vorstoß gemacht, ihren ersten Triumph gefeiert hat, war es in Oesterreich die Verfafsungspartci, welche einzig und allein über das politische Leben Oesterreichs entschieden hat. Heute, meine Herren
, wird es wohl wenige unter Ihnen geben, die die Fehler dieser Partei nicht ebensogut kennen, wie wir sie kennen, und, meine Herren, eS war einer der Besten der Ihrigen, einer Derjenigen von Ihnen, die noch vor kurzer Zeit unter Ihnen gesessen sind, und für den ich immer die höchste Achtung habe, der den Ausjpruch gethan hat: „Mehr als jedes andere Reich ist Oesterreich nicht naturrechtlich konstruirl, sondern im langsamen Werdeprozesse historisch ausgebaut und zusammen gewachsen. Oesterreichs letzte Aufgabe
, der ja eigentlich das einzige ist, was heute '!> dieser Frage eine gesetzliche Richtschnur bietet, so ist es fast unglaublich, wie es möglich war, oaß in einem Staate wie Oesterreich nun über 20 Jahre dieser armselige Art. 19 ohne Aus- legung, »ohne Erweiterung, ohne Interpretation dasteht. (So ist es!) , Ja, meine Herren, die Geschichte war sehr kMfach. Bei dem Art. 19 hat sich jede Partei, die an der Macht war, daS gedacht, was sie ge wollt hat, oder vielmehr das, was in ihrer Macht
bei der Entwicklung, die das czechi- sche Volk kulturell und wirthschaftlich genommen hat, man Forderungen ausstellen konnte, die mit der bisherigen Auslegung und dem bisherigen Rahmen des Art. 19 nicht mehr in Einklang zu bringen waren. Da muß man einfach an eine gesetzgeberische Arbeit gehen, aber das ewige Flicken und Leimen mit Verordnungen kann in Oesterreich nichts helfen Nun, meine Herren, wenn wir einfach mit den Thatsachen rechnen, so werden Sie mir doch zugeben, daß Oesterreich weder ein deutscher