Franz Thun, den Hofmeister ihres Sohnes, des späteren Kaiser Leopold: „Leopold hat von Natur ein gutes, großmütiges, mitfühlen des Herz. Er ist wißbegierig und bestrebt, den Din gen auf den Grund zukommen, wären sie noch so abstrackt. Er ist auch genugsam geschickt in körper lichen Uebungen. Aber er besitzt eine falsche Scham, die ihm unendlich Nachteil bringt. Er trachtet, seine Absichten mit List und auf Umwegen zu erreichen, was man ihm nicht hingehen lassen darf. Ich wünschte seinen Blick
. Er ist bereits in einem Alter (Leopold zählte damals 14 Jahre), in welchen man über dergleichen vernünftig mit ihm sprechen kann; nicht in der Form eines Vortrages, sondern in der eines freundschaftlichen Diskurses.' Schon nach neun Monaten kounte Graf Thun der Kaiserin eine entschiedene Besserung im Wesen und Benehmen des jungen Erzherzogs berichten. Doch blieb noch vieles übrig, was Maria Theresia be kümmerte. Im Jahre 1766 — Leopold war schon Großherzog zu Toskana — richtete sie an Graf Anton Thun
, den Bruder des früher Genannten, der die Charge eines Hauptmannes der Leibgarde am Hofe von Florenz bekleidete, ein vertrauenvolles Schreiben, das die Bitte enthielt, auf Leopold ein zuwirken. Dieser hatte noch immer die alte Neigung für untergeordnete Leute nicht aufgegeben. „Schmeich ler werden sich einfinden' — klagt die Kaiserin — „und binnen kurzer Zeit sind wir entweder ein Despot oder ein leichtfertiger genußsichtiger Fürst.' Erst vom Jahre 1771 ab klingen ihre Briefe be ruhigter und zufriedener
. Als Leopold nach Floren; ging, wurde er von der Kaiserin uud Mutter in eindringlichen Schriftstücken ermaht, feine Gesund heit und fein Seelenheil zu bedenken. Besonders um das Letztere war es der besten Mutter zu tun. Dem jungen Großherzog wird ans Herz gelegt, in jeder Woche oder wenigstens alle vierzehn Tage einmal Seite 5 zur Beichte zu gehen und keinerlei Bücher, weder ernsten noch heiteren Inhaltes, zu lesen, ohne den GewissenSrat darüber befragt zu Haben; diese De mütigung sei das Geringste