— 9. Das waren die Tage der ersten, der einzigen Liebe Ediths' — Wie ein Märchentraum schwanden sie dahin, immer die selben — aber täglich neu, reizvoll und duftersüllt. — Wieder hatte sich Leo losgerissen, um seine Studien wieder aufzu suchen; aber Edith wußte, daß es nur ans einige Wochen war, und daß er dann auf längere Zeit zurückkehrte. Frau Major Braun war zwar sehr verwundert, als sie diesen Entschluß vernahm, denn alljährlich — schon als Gym nasiast — war er vou einer hochangcschciien
Familie stets während dieser Zeit zur Gesellschaft des ältesten Sohnes, niit dem er sich in aufrichtiger Freundschaft zusammengefunden, aus größereu Reisen mitgenommen worden. Dieses Mal dachte Leo nicht daran, der Aufforderung zu folgen; einesteils war es Frau Braun nicht lieb, weil sie fürchtete, dadurch die Familie zu verletzen, andererseits harte sie den Sohn gern zu .Hause; sie mußte sich zwar gestehen, daß er nicht viel zn Hause war, aber ihr mütterlicher Stolz fühlte sich geschmeichelt
, die ungeteilte Aufmerksamkeit zu sehen, welcher sich ihr schöner und talentvoller Sohn hier am Orte allgemein erfreute. So kanien die großen ,Ferien heran, und Leo war einer der ersten, welcher den Heißen Staub der Residenz von den Füßen schüttelte und in seine grünen Berge zurückkehrte. Ein Sonntagmorgen war es, ein unendlich stiller, fried voller, taufrischer Sommermorgen, der ihn zuerst zu Edith führte. Nicht wie sonst strömten heute die Gebirgsbewohner zum Got tesdienst; in einer entfernten Gemeinde
mit Putzen zum Feste. — 65 — so ans. Aber mitessen werde ich doch einmal, sonst bleibt am Ende alles übrig nnd das wäre schade darnm.' „Die reine .Hansglucke', neckte Leo. „Ja, uieiue KÄchlein werden gleich Hier sei«, ich höre sie schon piepeu,' erwiderte Wanda, auf deu Scherz eingehend, nnd horchte «ach dem Waldweg; da töut fröhliches Lache», und helle Kleider schimmern durch die Bäume. „Jcy bin etwas vorausgegangen, um es Euch zu sagen: es sind die Fräuleiu Obersörster mit Tante Serapl)ine und Nettors
Martha und Else und die junge Fabrikantenfrau mit ihrer Schwester nnd —' „Und — ist das noch nicht alles?' wehrte Leo, indem ein Schatten über sein Gesicht flog, und aus Edith blickte, als wolle er sich verabschieden. „Wie kannst Du Dir so eiueu Zops anhängen?' „Er hat sich selber angehangen. Aber wie kommst Du mir denn vor?' sährt sie sort, und del Schalk lacht ihr aus den Augen, „Ja, das muß ich schnell noch sagen, ich wasche meine Hände in Unschuld: weiß Gott, wie sie's herausbekommen