^. Der Schatten des Adlers. Novellette von Eusemia Gräfin Ballestre«. Sie war sehr reizend, sehr verführerisch, sehr vornehm und sehr arm, die kleine blonde, dunkel äugige Comtesse Rose Lattenheim, sie huschte wie ein Sonnenstrahl durch daS Leben, von dem sie nichts erwartete alS Rosengaben, mit vollen Hände» ihr zu Füßen gestreut; sie schien nur geschaffen, zu lächeln und dabei die Grübchen in ihren weichen Pfirsichwangen zu zeigen, und dennoch, als Leo Grevening sie zuerst sah, schwebte schon der Schatten
deS Adlers über ihr. ES war beim Frühjahröreunen. Sie stand auf einer der Tribünen,, im einfachen, blauen Musselinkleidchen rieben der alten Marquise, ihrer Tante, bei der sie lebte, eine Waise, die nichts ihr eigen nannte in der großen, schönen, blühen den Welt, in der ihr junges Herzchen so fröhlich klopfte! , < Unten stand Leo Grevening, der reiche Kauf herr, und sah wie verzaubert empor zu dieser Rose deS feudalen BodenS der Residenz und lonnte sich nicht satt sehen an der holden Menschenblülhe
, die in den Sonnenschein hinaus lachte, alS sei sie ein Theil von ihm. Plötzlich siel ein i Schatten auf ihr helleö Antlitz, der Schatten deS AdlerS. Leo Grevening wußte nicht, weShalb ihn bei dem Anblick eine unheimliche Empfindung überkam, wer findet überhaupt immer ein Warum für plötzliche, meteorjhnlich kommende und schwindende Mo mente, in denen wir hellsehend sind, in denen eine Ahnung der Zukunft unS durchzuckt, bis daS Dunkel der Erde den lichten Schein wieder ver hüllt? Im nächsten Moment lächelte Leo
über sich selbst, denn der-Schatten auf dem süßen Antlitz von Rose-Lattenheim rührte von dem Adler her, der sich in bronzener Pracht auf dem Helm eines jungen Offiziers von den Kürassieren befand. Dieser war eben an die Comtesse, herangetreten und gab ihr freundschaftlich -die Hand, denn er war ja ihr Cousin, H-ctor von La-Motte, und der Sohn der alten Marquise an ihrer Seite. ES schien dem hinausschauenden Leo, alS hätte sich daS zarte Roth ihrer Wangen um einen Schein vertieft, alS leuchteten ihre Augen Heller als vorher
, nun die schlanke, elegante Gestalt deS jungen Offiziers neben ihr. Jetzt sah Herr von La»Motte hinunter, ge wahrte Leo Grevening und grüßte diesen lächelnd. »Mama,' wandte er sich an die alte Dame neben Rose, »Mama, erlaubst Du, daß ich Dir einen Freund von wir vorstelle?. Er Hot mir einen großen Dienst erwiesen und ich möchte, D» begegnetest ihm etwas zuvorkommend.*'' »Wer ist eS?' ' . »Herr Grevening, der Chef de> groß» SeidenhausiS.* ? Die Marquise zog die . feinen MunduM! verächtlich Herab. - ^ »Seit wann