ich, „in Triest wer den sie dich greifen und ins Arbeitshaus stecken.' „Weiß ich, mein Lieber," antwortete er, „aber in Brindisi baue ich ab, verblühe, mache mich un sichtbar. Mein Lehrer hat mir immer prophezeit, daß ich einmal am Galgen enden werde." Jonas, mein Wanderkamerad, lachte. „Tröste dich, ich soll ja auch einmal im Zuchthaus enden. Die Lehrer sind böse Propheten, mein Lieber. Er- zähle mir, warum du an den Galgen sollst." „Das ist bald erzählt,' antwortete der andere, „wir waren arm, darum
also. Einmal wurde in der Schule eine Statistik nach den Berufen unserer Väter angelegt. Die Väter der anderen Kinder ar beiteten im Kontor, in der Fabrik, sie waren Gärt- nereibelltzer, Großbauern, Schutzleute oder Be amte. Nur mein Vater war nichts. Er war ein lungenkranker, arbeitsloser Sternmetz, dem der feine Sandstaub die Lunge zerfresien hatte. Also: „Wo arbeitet dein Vater?" fragte der Lehrer. „Mein Vater sucht Arbeit," antwortete ich. „Wo mit?" fragte der Lehrer, der mich nicht liebte
, „mit dem Opernglas oder mit dem Schubkarren?" Die Kinder lachten herzlos. Ich, voll Scham und Wut, antwortete: „Mit seiner zerfressenen Lunge, Herr Lehrer!" „Und da wünschte er dich an den Galgen?" fragte Jonas. „Da wünschte er mir den Galgen!" antwortete der Schübling. „Seht," fuhr er fort, „so ist das Leben. Als ich aus der Schule kam, starb mein Va ter. Da lief ich davon, schwärmte bis an die Riviera und da haben sie mich gefaßt. Nun gut, wir lassen unS nicht unterkriegen, wir haben eine dicke, ge duldige
Haut, aber m einem hatte der Lehrer doch recht! Schubkarren und Opernglas! Da fährt der Arme und Kranke auf einem Karren sein Elend durch die Stadt, die zerfressene Lunge, die großen Enttäuschungen des Lebens, das kleine Bündel Hoffnung, den großen Packen schmerzlichen Ver zicht. Da aber ist der reiche Mann, der Satte und Gesunde, der Sichere, der Lächelnde, er hat alles, er sieht alles, und was seinem scharfen Raubtier blick dennoch entgehen sollte, er findet es trotzdem