Seite 4. Nr. 65. Freitag, „Brixener Chronik.' 12. August 1898. Das Kath. Lehrerseminar iu Tisis. Wir werden ersucht, die Rede des hochw. Herrn Professor Ender beim Lehrertag in Meran, welche die Wichtigkeit der Unterstützung des Kath. Lehrer seminars hervorhebt, zum Abdruck zu bringen. Herr Professor Ender sprach: Verehrte Versammlung! Es ist gestern abends gesagt worden, dass sich in katholischen Lehrer kreisen Oesterreichs erfreulicherweise ein reges katholisches Lkben. Denken und Fühlen
Kirche und Reich, Familie, Schule und Gesellschaft nicht Schaden leiden, so muss dem Treiben dieser Elemente unter der Lehrer fchaft wirksam entgegengetreten werden. Zwar ist es richtig, dafs die Katholiken Oesterreichs, ihrer hl. Pflicht bswusst, immer und überall alle ge setzlichen Mittel in Anwendung bringen, um unsere Reichsvolksschulgesetze im confessionellen Sinne umzugestalten; allein vielleicht noch wichtiger ist es, gegenwärtig bis zur Erreichung dieses Zieles möglichste Vorsorge zu treffen
, dass die Lehrer, welchen Kirche und Familie das Theuerste, die Kinder, anzuvertrauen haben, von echt patrio tischem, katholischem Geiste erfüllt seien. Denn was nützt das beste Gesetz, wenn der Geist des Lehrers nicht der rechte ist, und was schadet ein mangelhaftes Gesetz, wenn der Lehrer, vom wahren Geiste durchdrungen, in der Schule wirkt? Nicht das Gesetz, sondern der Lehrer drückt der Schule den Stempel seines Geistes auf. Beides zwar muffen die Katholiken erstreben: ein konfessionelles Gesetz
und katholische Lehrer; das Wichtigere, das augenblicklich Nothwendigere aber ist das Letztere. Das ist auch der Grund, warum das Volk von Vorarlberg vor zehn Jahren unter schweren Opfern ein katholisches Lehrerseminar ins Leben gerufen hat. Diese Anstalt, die erste ihrer Art in Oesterreich, ist nicht allem für Vorarlberg, fondern ganz besonders auch für Tirol, ja, für alle übrigen Kronländer unseres Kaiserstaates bestimmt. Wirklich finden sich unter den Zöglingen des Lehrerseminars in Feldkirch Jünglinge
, worin der Eintritt in die Anstalt vom Bezüge eines Stipendiums abhängig gemacht wird, was natürlich in den allerwenigsten Fällen geschehen kann. So kommt es denn, dass der Angemeldete ausbleibt, seinen Gedanken, Lehrer zu werden, aufgibt oder sich an eine staatliche Anstalt wendet, wo er wohlfeiler durchzukommen hofft. Somit ist die Katholische Lehrerbildungsanstalt in Feldkirch für Tirol beinahe soviel, als bestünde sie nicht, und dennoch wurde sie gegründet hauptsächlich für Vorarlberg und Tirol