die leere Wiege stand, aus der ihn ihr die Erde nahm, da sie ihn dem Himmel abrang. Und alle Jahre an den Meilensteinen der Zeit, zwischen Grab und Wiege des alten und neuen Jahres, fielen zwölf schwere Schläge wie Gerichtshümmer auf ein einsam bangendes Mutterherz. Das zuckte wie unter Schwertern, und stöhnte den Schrei ihrer Not in das Schweigen dieser Nacht und vieler anderer: „Schlage ihn in Bande, o Gott! — Wirf ihn wieder in Fieberpfühlo. — Schlage mit Aussatz seinen Leib, o ewiges
. . Da hat sie sich die Hände heiß gerungen und die Knie wund gerutscht vor dem großen Herrgottskreuz im Kirchenwinkel, daß der Himmel sich barmherzig ihres Kindes Seele nehmen möge, ob sie ihm sein irdisch Leben so zerbrochen und zerlumpt nicht mehr bieten könne, da es ihr längst entglitten. Als sie eines unheiligen Tages zur „Lieben Fraccen in der Not' gestürmt ist, und ihr die blauen Male gezeigt, die der Unselige ihr geschlagen, und die hehre Mut ter samt ihrem Kinde stumm geblieben sind bei solcher Qual, die meertief
und ohne Hoffen zum Himmel schrie, da hat sie's schier nicht mehr ertragen. Irr und wirr hat sie zum Kinde auf dem Mutterarm hingegrollt: „Warum nahmst du ihn nicht? — Und ließest ihn mir? — Was rissest du ihn nicht herein zu dir, daß er ein Engel würde — und nicht ein Teufel nun . . .?“ Jäh erschrocken ob ihrem frevlen Wahn ist sie heimgegeistert, wie eine irre Seele in der Nacht, die zum Himmel und zur Erde den Weg verloren. Nur die öde Stube und die leeren Laden gaben noch schauriges Zeugnis