Freundschaftsbund. Gustav dachte nicht einmal an die Verschiedenheit ihrer Geschlechter. Afra war ihm ein Kamerad, wie sie es in seiner Knabenzeit gewesen war, und sie hing an ihm mit einer bei nahe schwärmerischen Verehrung, die außer Gott nichts Höheres wußte als diesen Freund... So blieb es, bis der Sommer sie trennte und Gustav auf den Landsitz ziehen mußte. In diesem Sommer tauchte Gustav oft unvermutet in der Stadt auf. Unter irgendeinem Borwand kam er nach BoZen, um am nächsten Tage erst
nach Über- etsch zu fahren. Afra wäre ihm in ihrer Freude bald um den Hals gefallen, als er ihr eines Abends aus der Terrasse überraschend gegenübertrat. Aber da sie wußte, daß er solche Gefühlsäußerungen nicht schätzte, hielt sie sich im Zaum. Bon nun ab vereinbarten sie ein Zeichen, das Afra kund tun sollte, wann Gustav sich in der Stadt aufhielt. Sie trafen sich dann am späten Abend, wie richtige Liebesleute, ohne auch nur im geringsten an Liebe zu denken... Im Oktober, als die Traubenlese fast überall
beendet war und nur mehr vereinzelt in höheren Lagen überreife Früchte hingen, fuhr Gustav nach Wien. Er hatte sich diese Stadt Zum Studium aus erkoren. Seine Ziele waren hochgesteckt. Nur das Höchste wollte er erreichen und sich nicht gleich sei nem Bruder einmal als ein ehrsamer Bürger in die Provinz zurückziehen. 130