¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
gegenüber den Naturgewalten. Die wilden Tiere, heute doch auch in Gebirgsländern meist ausgerottet, scheinen an manchen Orten noch eine Rolle zu spielen 5 ), und das Weistum von Latsch scheint mit den geraubten Lämmern noch wie mit einer wirtschaftlichen Notwendigkeit zu rechnen. Besonders charakteristisch ist dann das Verhältnis der Weistümer zum Feuer. Wir können es heute so leicht in jedem Momente er zeugen, dafs es beinahe ein freies Gut geworden ist. Früheren Geschlechtern hat das aber sauere Mühe
gekostet, und die helle Flamme zu erhalten, war eine sehr wichtige Sache. So kann das Weistum von Kortsch 0 ) einen Gemeindegenossen, der eben backen will, von der Erscheinungspflicht entbinden, „damit das liebe Feuer desto fleifsiger versorgt werde'. Die Gemeinschaft 1) Näheres (nach bayrischen Quollen) Grimm S. 184 f. 548 ff. ; in den Weistümem an der bayrischen Grenze mit ganz typischen Sätzen behandelt, vgl. Ratfeld (1653) I, 110, Breitenbach (1442) I, 124, Kundl und Liesfeld (Anfang
des 16. Jahrhunderts) II, 358 Nu „Wilde Wasser' in anderen deutschen Ländern vielfach als „ebafte Not' gefafst, vgl. Grimm S. 849, Quitzmann S. 330. 2) Vezzan (1751) III, 204. 3) Alpenburg a. a. 0. S. 85. 4) S. oben S. 77 ff. 5) Vgl. Schlofs Tirol (1505) IV, 3, Latsch (1607) III, 276, auch noch Stein a. d. R. (1766) IV, 237, genannt sind Bären, Luchse und 'Wölfe. 6) Kortsch (1614) III, 188. Stellung zur Natur. 127 von Feuer und Licht gehört zu jener „gunst in der guiein', von der der widerspenstige Genosse
im Vintscligau ] ) abgeschnitten wird 2 ). Und der Fall, dafs Feuer über die Gasse getragen wird, mufs bis tief ins 18. Jahrhundert häufig gewesen sein; das beweisen die vielen Vorsichtsmafsregeln in den Weistümem, die übrigens ihrerseits von einer relativ hohen Entwickelung der prophylak tischen Denkart zeugen. Dafs das Feuer etwas so Wertvolles und schwer zu Gewinnendes war, erklärt die starke Abhängigkeit vom Tageslichte in den Weistümem. Sie kommt in dem scharf aus geprägten Gegensatze zwischen Tag