¬Der¬ Schlern ; 1. 1920)
Glockenstuhl neue Nahrung gefunden. Wie ein Riesenschornstein erzeugte der Turm dem Feuer einen unheimlich starken Lustzug, und schrecklich loderten die sturmgepeitschten Flammen schief hinaus gegen Süden. Ein schauerlicher Augenblick war es, als die große Glocke herabfiel und in tausend Stllcke zersprang. Auf Geheiß des damaligen Dekans, des Herrn v. Klebelsberg, mußten die Schulkinder alle die Stücke und Scherben zusammen- klauben, damit das Metall nicht etwa verloren gehe, sondern seinerzeit zum Euß
Gewölbe nicht herabgeschlagen, sondern, wie das bei Barockkirchen wohl öfters der Fall ist, darunter einen gewölbe- artigen Lattenschlag anbringen lassen und denselben dann mit Mörtel verworfen und verputzt. Daß ein solches Scheingewölbe dem Feuer nicht widerstehen konnte, ist wohl selbstverständlich; wohl aber widerstand das ursprüngliche, gotische Gewölbe auch dies mal dem Feuer, und als es beim Wiederaufbau der Kirche, weil es zum gewählten romanischen Stil nicht mehr paßte, herabgeschlagen
werden mußte, war das ein viel härteres Stück Arbeit, als man gemeint hatte. Bald geriet auch das neben der Pfarrkirche gelegene Schulhaus in Brand, ein ehemaliger Edelsitz der Herrn von Kirchmayr zu Ragen. Zufällig war in diesem Haus eine Wöchnerin untergebracht, deren Mann derart den Kopf verloren hatte, daß er, um seine Frau nicht zu erschrecken, derselben das Feuer auch dann noch verheimlichen wollte, als die Flammen schon am Dache züngelten. Auch die Aufwärterin war von dieser Kopflosigkeit angesteckt
mit ihrem Schmalztopf bald hierhin bald dorthin und hatte denselben nirgends sicher; andere v'el wertvollere Sachen zu retten kam ihr gar nicht in den Sinn; zum Glück ist dann auch der Widum trotz der großen Gefähr- dung vom Feuer verschont geblieben. Bon diesen einzelnen Fällen abgesehen, wurde jedoch der Brand ziemlich zielbe- wüßt und erfolgreich bekämpft. Da es damals in Bruneck noch keine organisierte Feuerwehr gab, mußte der „Kreishauptmann' Kern als Vorstand der Beamtenschaft