„Aber ich kann nicht mehr,' gab Brenner zur Antwort und der Blick, den er dem Pfarrer zuwarf, war aus Verzweiflung und Todesmüdigkeit geboren. „Ich kann nicht mehr. Meine Kraft ist aus. Was hilft es, was ich Ihnen gelobt Hab'? ich kann es doch nicht halten — ich kann nicht. Jeden Tag wird' der Faden wieder dünner, der mich an's Gute gebunden hält: am End' muß er reißen. Ich werd hin- und hergezogen, wie ein Verdammter in der Höllenqual, und ich habe keine Macht mehr, dem Bösen zu widerstehen
: bald wird es siegen. Ich Hab' Ihnen in selbiger Stund versprochen, ein anderer Mensch zu werden und es tut mir in der Seele weh, mein Wort Hu brechen, aber ich muß — ich muß! Lösen Sie mich von meinem Ver sprechen, geben Sie mir mein Wort zurück, das ich Ihnen ge geben ...' Er sprach hastig, in wirren, abgebrochenen Sätzen, und strich von Zeit zu Zeit die feuchten Haare von der Stirn. Der Pfarrer hatte sich erhoben. „Brenner,' begann er, „ich bitte Sie um Gotteswillen, was reden
und tiefes Herzeleid. Als er endlich aufsah, waren Tränen in seinen Augen. „Brenner', sagte er mit milder Stimme: „ich sehe es wohl, ich habe mich geirrt. Ich habe Ihnen nur die Hälfte von dem gegeben, was ich Ihnen hatte geben wollen. Das Gewissen habe ich Ihnen geweckt — das Gewissen, das keinen von uns mehr zur Ruhe kommen läßt, der es einmal kennt — aber die Liebe zu Gott, die ihm den Stachel nimmt und die es uns einzig und allein möglich macht, allem Bösen freiwillig und mit Freuden zu entsagen
— die habe ich Ihnen nicht gegeben. Ich kann es auch Heute nicht — das steht außer meiner Macht. Ich habe mich zu hoch vermessen, denn Liebe kann kein Mensch schaffen, die kommt von Gott. Ohne sie aber wird das Ge wissen zur Qual, die Sünde zur lockenden Versuchung. Wer Gott liebt, der „fragt nicht mehr nach Himmel und Eroe', wie die Schrift so schön sagt: er findet in ihm volles Genügen. Das aber, mein armer Freund, will erlebt fein.' „Mein Versprechen — geben Sie es mir zurück, Herr Pfarrer.' ^ „Ich will es tun, Brenner
: gehen Sie hin, fangen Sie das alte, sündige Leben wieder an. Ich sage Ihnen aber: Sie können es nicht mehr. Ich kann Sie freisprechen^ Weit unser Herrgott aber einmal an der Hand hält, den läßt er nicht wieder los. Ich aber will Ihrer gedenken und das beste von allem für Sie erbitten. Und wenn der schöne Tag kommt, an dem Sie, ein Erlöster, sich frei und selig fühlen, so wird das auch für mich ein Tag der Freude sein. Und nun behüt Sie Gott, Brenner, ich habe heute noch viel zu tun.' Der Pfarrer