Seile 6. Nr. 14. gen. Pater Rembert, der ältere der zwei Ka puziner, eine kräftige, hohe Gestalt mit dun kelblondem Vollbart bestieg die Kanzel, sprach ein kurzes Gebet und fing dann an zu predigen. In einem dichten Kreis standen die Zuhörer um die Kanzel, viele hockten wei ter unten im Gras oder kauerten unter den Bäumen, manche Burschen waren sogar aus die Bäume gestiegen und hingen droben in den Aesten. Ein täuschenderes Bild der Berg predigt konnte man sich nicht vorstellen. Wal ter
. Eine sichtliche Bewegung ging durch die Scha- ren, die blauen deutschen Augen strahlten, die schwarzen romanischen Augen blitzten, als er mit weithinschallender Stimme schloß: „Maria, breit den Mantel ans, M'ch ein schirmend Dach daraus, Latz uns all darunter steh'n, Bis Not und Tod vorübergeh'n." Auch Walter Reinifch war tief. ergriffen. Mit einemmal aber schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf: Himmel, das prächtige Volk hier und die Mutter Gottes, die ihren Schutz mantel darüber ausbreitet, das gäbe ein Bild
, auf I dem Giebel, auf den hohen Stangen, auf den Bäumen ringsum, stiegen in die Höhe und wallten nieder und warfen abwechselnd Lich ter und Schatten über die farbenfreudigen Trachten der bunt durcheinander gemischten wogenden Volksscharen. Es war ein Bild von hinreißender SLönheit und Feierlichkeit, das den Dicker Reinisch förmlich entzückte. Und als nun der Pöllerdonner wiederum durch die Berge rollte und die Instrumente der Mu- sikanten hell dareinschmetterten und die Glockenstimmen hoch aufjubelten
Kreisen der Brauch, daß man hinterher von einer Predigt nicht mehr spricht." Der Maler errötete. Aber gleich kam ihm der Dekan zu Hilfe, indem er in seiner ruhi gen, freundlichen Art sagte: „Ich glaube, ein Maler hats ebenso in der Hand wie ein Pre diger, vielleicht noch mehr, ein ganzes Volk zu begeistern. Und der Eindruck, den er mit einem schönen Bild hervorruft, vergeht nicht wie ein Hall, sondern bleibt für Jahrzehnte und Jahrhunderte." „Ja, das heutige Volksbild vor der Kirche wäre wert
, durch einen Pinsel festgehalten zu werden," fiel der Kapuziner ein „das wäre etwas für Sie, Herr Reinisch." „Es ist viel zu schwer, in die ungeheure Mannigfaltigkeit eine Einheit hineinzubrin gen," entgegnete der Maler. „Die Einheit ist schon üa. Aller Blicke rich ten sich auf die Himmelskönigin." „Potztausend, Pater, Sie sind ja ein Künst ler," rief lustig der Maler. „Sehen Sie, den gleichen Gedanken Hab ich auch schon gehabt, und es tät mich fast reizen, das Bild zu malen." „Bravo, Walter, bravo!" lobte