4 Pater Benedikt. Wad) einer wahren Begebenheit erzählt von H. Wolf. Kaum hatte Pater Benedikt den Hausflur betreten, als mehrere Männer, die Treppe herunterkommend, ihm entgegentraten. und er unter den selben die Physiognomie jenes Mannes erkannte, den er aller dings nur beim fahlen Schein einer vom November- nebel verdüsterten Laterne gesehen, dessen Züge sich aber seinem Gedächtnis tief emgeprägt hatten. Es war Paul Hutter, den er trotz des gänzlich veränderten Ausdruckes seiner Miene gleich
erkannte. Hatte ge stern Erbitterung und Verzweiflung aus seinem Antlitz gesprochen, so sah es heute freudig-verklärt aus. Aber auch der Arbeiter hatte Pater Benedikt er kannt und mit ehrerbietigem Gruß auf ihn zueilend, sagte er mit tiefbewegter Stimme: „Hochwürden, Gottes Barmherzigkeit hat sich wun derbar an mir erwiesen — sie hat mich von Sünde und Elend gerettet. Die Frau, die ich gestern noch ihrer Hartherzigkeit wegen angeklagt, hat als Enge! gegen uns gehandelt. Der reichen Unterstützung
der Frau unseres Fabriksherrn verdanken wir es, daß wir bis zur Wiederaufnahme des Betriebes vor Not und Elend gesichert sind." „So ist mein Vertrauen auf das gute Herz der jun gen Frau nicht getäuscht worden," rief Pater Benedikt hocherfreut. „Lassen mich Hochwürden alles erzählen," bat Paul, der. während feine Gefährten das Haus verlassen hatten, allein mit dem Priester zurückgeblieben war, „ich habe Frau Born verleumdet, ich will auch fetzt der erste sein, der ihr Lob verkündigt. Ich hatte heute
von eurer Notlage, ihren Schmuck verkauft und die Summe, die sie dafür erhielt, zur Verwendung unter euch bestimmt. Der Ertrag ist so bedeutend, datz ihr auf diese Weise, bis die Arbeit wieder begonnen werden kann, keine Not zu lckden braucht." „Das ist schön, das ist wahrhaft christlich gehandelt," rief Pater Benedikt, „sie hat ein Opfer gebracht, um ihre notleidenden Nächsten zu unterstützen." „Und ich habe sie geschmäht, sie kalt und herzlos genannt," rief Paul, der noch so erregt war, daß er die Tränen
nicht Zurückzuhalten vermochte. „Das soll Sie lehren, sünftig nicht vorschnell nach dem Scheine zu urteilen," sagte Pater Benedikt. „Nachdem Gottes Gütte sich Ihnen so barmherzig er- wiesen, werden Sie sich nicht mehr eines solchen siind- haften Kleinmutes schuldig machen, nicht mehr den bösen Einflüsterungen jener Menschen Gehör schen ken, die Sie in den Besitzenden und Reichen nur Feinde und Unterdrücker erblicken lassen, sondern in ihnen Brüder und Schwestern sehen, mit denen Sie einem gemeinsamen Ziele