zwischen Bernard Shaw und dem Sekretär der Zweiten Inter» nationale Dr. Friedrich Adler. Shaw hatte am L4. Jänner in den „Daily News' einen Ar« tikel veröffentlicht, in dem er ausführte, es habe keinen Zweck, Mussolini zu beschimpfen, man müsse jede neue Staatsform, ebenso wie man es mit Rußland habe tun müssen, nach ihren Leistungen beurteilen. Gegen die Ausführun gen protestierten sozialdemokratische Freunde Shaws, darunter auch Friedrich Adler, und Shaw antwortete im Februar in einem Brief, man könne
keine Staatsform danach beurtei len, wie sie entstanden fei. Seit den Zeiten von Augustus sei jede Diktatur durch Gewalt ent standen und es seien bei der Entstehung der Staatsform Grausamkeiten vorgekommen. Shaw tiihrt aus, es würde absurd sein, zu behaupten, daß der Kaiser noch heute der berechtigte Herr scher Deutschlands fei, weil während der Ent stehung der Republik Natthenau, Rosa Luxem burg und Liebknecht ermordet worden seien. Adler erwiderte, der Sozialismus kämpfe für die Wiederherstellung
der Demokratie sowohl in Rußland als. auch in Italien und sei daher berechtigt, den Fafcismus zu hassen. In seinem Antwortbrief vom 2. Oktober rich tet Shaw an Adler die Frage, was er eigentlich an Mussolinis Regime Hassenswertes finde. Ist es etwa hassenswert, schreibt er, daß in Italien die Diktatur einen Mann des Volkes zur Herr schaft gebracht hat, während im demokratischen Frankreich ein Poincaré herrscht? Kann man Mussolini einen Vorwurf daraus machen, daß er nicht, wie die englische Negierung es getan
soll, wie Kautzky Lenin belehrte, wie Karl Marx Thiers, wie Victor Hugo Na poleon III. und Pius IX. zu belehren wünschten, und wie alle Sozialdemokraten zu belehren suchen, die niemals einen Pfennig öffentlicher Gelder verwaltet hatten, die niemals einen Ar beiter beschäftigt haben und die niemals die Ver antwortung übernehmen mußten, ein Todes urteil zu unterzeichnen? In seinem Schlußbrief erklärt Adler, es fei hoffnungslos, mit Shaw zu einer Verständigung über eine gemeinsame Haltung gegenüber dem Fafcismus