Erziehungs- und Unterrichtslehre für Gymnasien und Realschulen
106 II. L.. Grundsätze der Bildung. Kapitel 3. und namentlich die Jugend ist trotz alles Muthwillens so sehr zur Nach eiferung guter Vorbilder und zur Gegenliebe geneigt, daß ihr die wissent liche Verletzung des achtungswerthen Lehrers ganz fern liegt; ein einfaches unwissentliches Versehen verdient aber nur eine sachliche Zurechtweisung, nicht eine persönlich herbe oder gereizte Rüge. Auch der scheinbar unschul digen Neckerei Hai sich der Lehrer zu enthalten; selbst unter gleichstehenden
Bekannten wird das Necken nicht immer unbefangen aufgenommen, wieviel weniger von den Kindern, welche mit Recht empfinden, daß ein solcher Umgangston dem eigentlichen Erziehungszwecke widerspricht, und welche außerdem das richtige Gefühl haben, daß sie sich gegen den Lehrer nicht mit der gleichen Waffe wenn auch nur im Scherz wehren dürfen. Somit werden sie durch die Neckerei leicht zu unartiger Gegenrede gereizt, oder wenn sie dies nicht wagen, so bleibt häufig in ihrem Gemüthe ein Stachel Zurück
, welcher überhaupt auf ihr Verhältnis Zu dem Lehrer störend ein wirkt. Immerhin mag bei Gelegenheit dem Lehrer ein gutmüthiger Scherz gestattet sein; er hat aber Sorge zu tragen und seine eigene Liebe zu dem Kinde wird ihn lehren, hierbei alles verletzende zu vermeiden. Endlich aber ziemt es dem Lehrer, welcher Achtung und Gehorsam gegen sich fordert, daß er auch selbst die nöthige Achtung vor seinen Vorgesetzten vor dem Gesetz vor den staatlichen und kirchlichen Einrichtungen und vor den Ge boten Gottes
ungeschminkt aber unverholen zeige. Durch die Unterordnung unter das allgemeingiltige, durch Gehorsam gegen Gott und die Obrigkeit besteht das Gefüge der menschlichen Gesellschaft, in welcher auch der Lehrer nur ein einzelnes keineswegs bevorrechtetes Glied bildet; will er also seine Schüler zum Gehorsam erziehen, so hat er auch seinerseits darzuthun, daß er sich in Ehrerbietung und unverbrüchlicher Gewissenhaftigkeit vor dem allgemeinen Gesetze beuge. Wenn er aber in leichtsinniger Rede oder un bedachtem
Thun sich über dasselbe hinwegsetzt, so giebt er, der zum Geben eines guten Beispiels vor andern berufen ist, das allerschlechteste und er hat abgesehen von dem schweren Schaden, den er sonst dem jugendlichen Gemüth Zufügt, Zu erwarten, daß die Schüler soweit sie können seinen Anordnungen nur dieselbe Achtung und Folgsamkeit erweisen, wie er selbst den ihn verpflichtenden Vorschriften. Dieses sind die wesentlichsten Gesichtspunkte, welche der Lehrer in Bezug aus sich selbst beherzigen