¬Die¬ kleinen Staaten Europas und die Entstehung des Weltkrieges
Der Kriegsausbrmb 259 tigkeit 1 kam der Kronrat in der Nacht vom 2, zum 3. August zu der Entscheidung, die deutschen Vorschläge abzulehnen und sich der Verletzung der Neutralität des Landes mit allen Mitteln zu wider setzen. 2 Die Versicherungen des Ministerpräsidenten in seiner Eigen schaft als Kriegsminister und des Generalstabschefs und seines Ver treters, daß man militärisch bereit sei, gaben den Ausschlag. 3 Die Absage, die dem deutschen Gesandten am 3. Auguts morgens ausgehändigt wurde
, war mit den internationalen Pflichten und der Ehre der Nation begründet. Der geschichtliche Betrachter kann, wie sich die Dinge einmal entwickelt hatten, die Berufung auf den zweiten Punkt in ihren psychologischen Voraussetzungen anerkennen und würdigen, und zumal von dieser Seite her rollt sich die ganze Tragik der Zusammenhänge auf. Die an erster Stelle gegebene Be gründung hält dagegen vor dem historischen Urteil nicht Stand. Mochten die Männer, aus deren Feder die belgische Antwortnote vom 3, August hervorgegangen
ist — es waren Hynians, Carton de Wiart und van den Huevel, 4 die in der Tat nicht in die geheimen Maßnahmen eingeweiht waren -, guten Glaubens sein, als sie erklär ten, Belgien sei seinen internationalen Verpflichtungen stets treu gewesen : daß sich auch der König auf diese bezog, als er dem deut schen Kaiser, der ihm in der Nacht vom 3. zum 4. August mit Worten schmerzlichen Bedauerns von dem Entschluß zum Einmarsch Mitteilung gemacht hatte, seine, übrigens würdige, Antwort erteilte, 1 Bassompierre 32. Vgl
. auch den Bericht des Ministers Paul Hymans in ,,Le Vingtième Siècle' vom 4. August 1934 und danach in den Berliner Monatsheften XII 795 2 D. D. Nr. 779 und erstes belg. Graubuch Nr. 22. 3 Es verdient Erwähnung, daß die Berichte der Teilnehmer über das, was hinsichtlich der militärischen Fragen während der Kronratsitzung besprochen worden ist, weit aus einandergehen. Während Ryckcl und Galet von militärischen Beschlüssen wissen, die vom König gutgeheißen worden seien, bestreiten Selliers, Woeste und Hymans aufs
hat. Übrigens hat General Seiliers bereits im Herbst 1919 (Ryckel, Mémoires 358) gebeten, daß der von Baron van der Eist 1915 in Le Havre unter Befragung einer Anzahl von Teilnehmern abgefaßte Bericht über den Kronrat vom 2.-3. August 1914 von der Regierung veröffentlicht werden möchte. Statt dessen läßt man die klaffenden Widersprüche vor der Öffentlichkeit bis heute fortbestehen. 4 Hymans a. a. O. 17*