Gemeinde Kastelruth : Vergangenheit und Gegenwart ; ein Gemeindebuch zum 1000-Jahr-Jubiläum der Erstnennung der Orte Seis und Kastelruth
abgeschnitten und wußte nicht, welches Schicksal Südtirol bevorstand. »Verschiedene Gerüchte über unsere künftige Staatsange hörigkeit schwirren herum. Die einen sagen, wir kommen zur Schweiz, die anderen, wir bleiben bei Österreich, wieder andere, wir kommen zu Italien«. (Pfarrchronik) Ein Teil der Bevölkerung befreundete sich mit den Italie nern, ohne deren Achtung zu erringen. Der Oberst der Besatzungstruppe, der am Neujahrstag 1919 Vorsteher, Doktor und Pfarrer versammelte, um ihnen eine »Predigt
wie die Krone und war nur 0,58 Schweizer Franken wert. In ihrer Unsicherheit oder aus Unwissenheit konnten sich viele nicht zum Einwechseln entschließen — eine Annexion an Italien war ja noch nicht erfolgt — und so gingen Tausende von Kronen verloren. »Juli 1919. Bekanntmachung, daß wir zu Italien gehören. Eindruck: Einzelne freuen sich aus Erbitterung über Kriegs leistung, viele trauern, manche bleiben ganz gleichgültig und sagen: 'Mindestens ist der Krieg aus'.« (Pfarrchronik) Die Befürworter
eines Anschlusses an Italien werden jedoch der allgemeinen Erbitterung zugestimmt haben, als im Jänner 1920 bekannt wurde, daß die Kriegsanleihen, in die mancher seine ganzen Ersparnisse gesteckt hatte, nicht ausgezahlt würden. Man flüchtet sich in Sachwerte, rechnet mit Kühen und Ochsen und Milch, statt mit Lira und Kronen, man baut und richtet Häuser und Städel her, die Holzpreise steigen, das Handwerk blüht, aber viele sind buchstäblich ins Elend geraten. Nach einem Zeitungsausschnitt