4 62 III. DIE ENTSTEHUNG DES FASCHISMUS io. Dezember 1914 erklären: „Alle Argumente der Internatio nalisten und deshalb auch der Sozialisten' — nun als die ihm feindliche Partei gemeint — „sind Illusionen und Sophismen.'1 Aus der Bejahung der Volksgemeinschaft mußte weiter die der völkischen Arbeit und der Werkgemeinschaft folgen, die erst nach dem Kriege ihren vollen Sinn erhalten konnte. So läßt sich die sich nun gestaltende eigene politische Anschauung Mussolinis, das Fundament seiner Taten

marxistische Doktrin, als die in ßonzenluni und Krippenneid erstarrte Partei, wenn er das nach Abwirtschaf tung des Feudalismus, Absolutismus und Liberalismus entstandene und noch nicht befriedigte und deshalb wache Bedürfnis nach Neu regelung des persönlichen und politischen Verhältnisses von Mensch zu Mensch innerhalb der Völker ist, dann ist Mussolini nicht nur ein Sozialist geblieben, sondern er hat sich sogar angeschickt, den Sozialismus zu erfüllen. 2 Läßt man dagegen den Sozialismus

i n der offiziellen Doktrin und in der sozialdemokratischen Partei er _ füllt sein, dann stellt sich Mussolinis Werk als ein Versuch dar, den Sozialismus zu überwinden. DER KRIEG Mussolini packte die neue Aufgabe, die er sich gesetzt hatte, scharf an. Es ist natürlich nicht möglich abzumessen, welchen Anteil Mus solini an der Bildung eines allgemeinen Kriegswillens in Italien ge wonnen hat. Seine Tätigkeit hat sich hauptsächlich hinter den Kulissen abgespielt. Von den oben, S. i38 Anm.2, erwähnten deut schen

Beobachtern erwähnt nur Röse seinen Namen. Mussolini war damals außerhalb seiner Partei und seines neuen Kreises noch ein 1 Discorsi S. 22. 2 Vgl. Suckert, L'Europa vìvente S. 6.

DIE FASCHISTISCHEN GEWERKSCHAFTEN 197 tern, die sonst einen heftigen Widerstand hätten hervorrufen können. Mussolini hat auf dieser Tagung in Rom alles erreicht, was er wollte. Seine Anhänger folgten ihm auf dem Wege, wenn auch ohne be sondere Wärme, die Faschisten für die Gründung einer ..Partei' nun einmal nicht aufbringen konnten. Ihr Wortführer ist Grandi gewesen, der sich in einer Rede auf dem Kongreß dahin äußerte: 1 „Wir sind nicht gegen die Partei, aber wir sind gegen die Partei

252 IV. DER FASCHISTISCHE STAAT deuten sollte. Mussolini hatte deshalb recht, sich selbst einmal als den entschiedensten Anti-Mussolinianer zu bezeichnen. 1 WANDLUNG UND NEUBAU Diese in der Natur der Sache liegenden Strömungen und Entwick lungen drücken sich in allerlei Parteibeschlüssen und in dem wie derholten Umbau der Partei während dieser Monate aus. So hat der faschistische Exekutivausschuß Ende April 1923 beschlossen, daß alle faschistischen Funktionäre, um eine Rede halten zu dürfen

einer Revolution stehe, und daß starke Kräfte abzuwehren wären, die den Faschismus stürzen wollten. Hauptorgan der Partei war und blieb der Oberste Rat, der aus den faschistischen Mitgliedern der Regierung, denen der Parteileitung und den Häuptern der Miliz und der Korporationen bestand. Mus solini bezeichnete seine Aufgabe dahingehend, daß er das Organ des Ausgleichs zwischen den verantwortlichen Kräften der Regie rung und den verantwortlichen Kräften des Faschismus sei. 3 Immer wieder, nicht zuletzt

Gegensätze ausgleichen wollte, und weil die Zeit dazu riet, nur das Wesentliche zu sagen. Mussolini, kannte natürlich die Gedankengänge der anderen politischen Rich tungen genau. Auch die Nationalisten machten das Volkstum zur Grundlage ihrer Politik und den Krieg zunächst zu ihrem Ziel. So konnte es nicht ausbleiben, daß eine gewisse Übereinstimmung zwischen dem Popolo d'Italia und der Idea Nazionale festzustel len war, mochte sich Mussolini auch zunächst den Nationalisten als Partei noch sehr fern

, um so mehr trachteten sie darnach, kleine Mussolinis zu werden und die Rolle des Wachtmeisters in Wallcn- steins Lager zu übernehmen. Gegen diese Parteihäuptlinge hatte Mussolini ständig einen heftigen Kampf zu führen bis auf den heu tigen Tag. Endlich paßte es manchen Abenteurern im Faschismus — die selbst verständlich zahlreich darin vertreten waren — nicht, daß aus der Bewegung eine Staatsregierung und eine unter allgemeinem Rechte stehende gesetzmäßige Partei geworden war. Das waren die Lands