¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
106 Zweiter Abschnitt. Gottes entgegen. Gott kann es nicht geschaffen haben, und wenn es tausendmal da ist. Um es zu erklären, hat man zwei Mög lichkeiten: entweder man baut sieh ein dualistisches Weltsystem oder man erklärt das Schlimme in der Welt für schnödes Menschen werk. Beide Wege haben die Tiroler nebeneinander beschritten ') ; dafs das Dasein einer zweiten transzendenten Macht sich mit der göttlichen Allmacht nicht vertrage und dafs alles Menschenwerk für den Gläubigen in letzter Linie
keinen Sinn, alle Stellen zu sammeln, in denen die Weistümer von Heiligen reden. Erwähnt sei nur, dafs sie in früherer Zeit bisweilen genannt sind 2 ). Die beherrschende Stellung der jungfräulichen Gottesmutter im Glauben der Tiroler belegt besser als alle anderen Zitate das Märchen :l ), in dem ein Bauer auf Drängen des Teufels zwar die heilige Dreifaltigkeit abschwört, aber, wie er desgleichen mit der Jungfrau Maria tun soll, dies ent schieden ablehnt. Natürlich erscheint sie auch in den Weis- tümern
der Strafe ; dabei gilt schon „ Sakramentieren und Fluchen' 10 ) 1) Zingerle, Sitten, Bräuche und Meinungen des Tiroler Volkes (Innsbruck 1853), Nr. 833. 2) Z. B. Pfons (1398) I, 294, Sterling (ca. 1400) IV, 439, Pfalzen (1471) IV, 452. 3) Zingerle S. 426 (Passeier). 4) Z. B. Stein a. d. R. a. a. 0., Thurn a. a. 0., Taufers a. a. O. 5) Zitiert Salern und Vahrn (Mitte des 16. Jahrhunderts) IV, 402. 6) Zingerle S. 297 (Passeier). 7) U. a. Zingerle S. 370 (Etschland). 8) Bei Zingerle S. 250, vgl. Alpenburg