in die Verzweiflung des Augenblickes mischte sich ein ganz anderer Ge danke. Julius war in letzter Zeit auffallend unruhig und zerstreut, er hatte verschiedene Male gefragt, ob nicht während seiner Abwesenheit Jemand im Hause gewesen sei, nm ihn zu sprechen — was konnte das bedeuten? Alles Außergewöhnliche ließ die Arme vor Furcht zittern. Sie war heimlich immer nu- geben von Gespenstern, die in jedem Augenblick ihre gestohlene Sicherheit zn zerstören drohten. Eines Tages steigerte sich diese unbestimmte Unruhe
zum offenbaren Erschrecken. Elisabeth ordnete, wie immer in des Doktors Abwesenheit, den Jnstrumentenkasten, als plötzlich die Thür des Besuchszimmers geöffnet wurde und Tante Josephine auf der Schwelle desselben erschien. Die alte Dame zitterte. Sie sah blaß aus. ihre Hände schienen sich an den Thürgriff wie an einen stützenden Halt zu klammern. „Ist Julius hier?' fragte sie von draußen. Elisabeth fuhr auf. Die Tante kam nie in dieses Zimmer, ihr heutiger Besuch mußte ganz besondere und sicher lich
; sie hatte nur nicht darauf geachtet. Sollte diese Persönlichkeit ein Abgesandter ge- gewefen sein? Auf ihren Wangen wechselte Nöthe und Blässe. Die Ahnung des kommenden Unglücks wurde fast zur Gewißheit, etwas wie ein Zusammenbrechen aller Kräfte überfiel die Verlassene. In wenigen Stunden, Viertelstunden vielleicht, sollte Julius erfahren, wie furchtbar sie ihn und seine Ange hörigen getäuscht. Zwischen Furcht nnd Hoffnung entspann sich in ihr:r Seele ein kurzer, schrecklicher Kamps- Sollte sie vorher fliehen
zusammenhängend denken. Fräulein Haberland öffnete die Thür. „Mein Neffe kommt schon, Elisabeth, ich werde ihn selbst rufen.' Gottlob! Das war Rettung aus der ersten Gefahr! Die Gesellschafterin wußte kaum, was sie that. Als Tante Josephine gleich darauf den Doktor mit leiser Stimme aufforderte, ihr Zimmer zu betreten, da barg sie das Gesickt in beiden Händen. Nun brach es herein, das rächende Äer- hängniß. Julius folgte ziemlich erstaunt der alten Dame in ihr Privatzimmer.