9. August 1935 Heimatkundliche Beilage des „Tiroler Grenzboten" Blatt 7 Lorenz Hupfauf, k. k. Hauptmann und Verteidiger des Domes zu Mailand. Von Dr. Ludwig Günther. In der auch für Nichtkufsteiner sehr lesenswerten und interessanten Iubi- läumsfchrift zum 60jährigen Bestehen des „Tiroler Grenzboten", die mir bei Gelegenheit der Teilnahme an der Einweihung der Heldenorgel in Kufstein überreicht wurde, fand ich auf der zweiten Seite der dritten- Bildtafel das nebenstehende Bildnis mit obiger
Unterschrift. Ich möchte wetten, daß kein heutiger Zeitgenosse mehr weiß, was es mit dieser „Verteidigung des Domes zu Mailand" für eine Bewandtnis hat, wann und unter welchen Umständen sie stattgefunden hat, und wenn das mir bekannt ist, so deswegen, weil ich mich gerade mit diesem Zeitabschnitt, dem Aufstand in Oberitalien vom Iahre 1848 gegen die österreichische Herrschaft und dem Kriege Oesterreichs gegen Sardinien—Italien, besonders beschäftigt habe. In der Mitte dieser Ereignisse steht
in Baden und in der Pfalz. Sie wurden alle durch preußisches Militär in kurzer Zeit niedergewor fen und die Ruhe wieder hergestellt. Anders in Oesterreich, dem Herde der Polizeiregierung. Eine kurze Vorrevolution 1847 im ewig gärenden Öster reichisch - Polen hatte den bisherigen 'Freistaat Krakau unter österreichische Herrschaft gebracht. Weniger glücklich für die Monarchie verlief die Hauptrevolution 1848: Wien, Prag, Mailand, Venedig, Budapest erklärten fast gleichzeitig in der Zeit
vom 15. bis 18. März 1848 ihre offene Empörung gegen die bestehenden politischen mit ihre offene Empömng gegen die politischen Zustände. War die Gärung in Wien durch politische Bestre bungen hervorgerufen, so waren die Unruhen in Prag, Mailand, Venedig. Budapest durch völkische Ursachen bedingt: Tod den Deutschen! scholl es überall in den Ländern dieser Städte. Während in Wien ein neues, aus im Regieren ganz unerfahrenen Männern gebildetes demo kratisches Reichsministerium ans Ruder kam, das sogar
die Magyaren sich erhoben, sq hing Oesterreichs Schicksal an einem dünnen Faden; daß aber dieser Faden nicht riß, sondern hielt, das ist einem einzigen Manne, dem k. k. Feldmarschall Grafen Iosef Wenzel Radetzky zu danken. Radetzky war seit 1831 Oberkommandant aller in Oberitalien stehenden österreichischen Truppen, der so genannten „italienischen Armee", wie es in der Militär sprache hieß. Als solcher residierte er in Mailand. Jahrzehntelange Kriegserfahrung hatte ihn seine Trup pen in einem Maße schulen