waren alle Boote in See — die einen bestimmt zum Leben, die andern zum Tode — alle waren in der Dunkelheit verschwunden, und Kapitän Oaks stand mit seinem ersten Offizier Emil Cameron allein auf, dem Verdeck. Näher und näher züngelten die Flam men, gleich tanzenden Geistern. „'s wird bald überstanden sein, Kapitän." „Ja, Emil, gib mir die Hand. Wir segelten lange zusammen und scheinen für die letzte Reise bestimmt. Gott sei uns gnädig!" „Noch ist Rettung möglich. Hoffen wir Kapitän." „Nein
. Mich erwartet nicht Weib, nicht Kind ich gehe mit meinem Schiffe." Es war des Kapitäns letztes Wort. Eine Ex plosion gebrannter Wasser unterbrach die Rede. Stille und Dunkelheit folgte. Der Lauf der Zeit pausierte auch für Emil Cameron. * * Endlich vornahm er wiedex einen Laut — das Tosen des Wassers, sah die roten Lampen des Leucht- turmes, fühlte sich umgeben von nassem Sand. Die Vorsehung hatte barmherzig Emils Leben gefristet, das Meer ihn ans Ufer gespült. Schwach und zer schlagen, blieb er lange
hilflos liegen. Plötzlich bemerkte er über sich im ungewissen Mondlicht bekannte Felsenbildungen. Die See hatte ihn in den heimischen Hafen geworfen, und ein Mann, der am Ufer entlang schritt, sang leise das Methodistenlied: „Dort erwartet dich Licht, Bruder, Dort erwartet dich Licht." Heiße Tränen rollten über des Seemanns ge bräunte Wangen, als er die alte Heimat erkannte, und sein Herz sehnte sich nach der Mutter, die einst gesagt: „Ich will das Licht brennen lassen, bis du wiederkommst, Emil
." Zwanzig Jahre waren seitdem vergangen, und damals schon zählte sie mehr denn vierzig. Sie war wohl lange tot. Vielleicht aber konnte er im alten Heimatdörfchen noch Kunde von ihr erhalten. Und so machte er sich auf in finsterer Mitternacht und wankte totmüde durch den verän derten Ort, geleitet von dem Magnet des Herzens, nach dem Gäßchen, in dem einst seiner Mutter Hütte gestanden. Das Gäßchen hatte sich in eine breite mit Häusern besetzte Straße verwandelt, aber ganz am Ende glaubte Emil
ein flackernd Kerzenlicht zu er kennen. Er eilte vorwärts. Nein, ihn trügte kein Gebilde der Phantasie im Fenster der alten Heimat stand wirklich ein brennendes Licht. Des Mannes Herz pochte laut; er klopfte an die Türe und wartete zitternd. Langsame Schritte näherten sich und auf der Schwelle erschien ein altes, altes Mütterchen mit schneeweißem Haar. Emil er kannte sofort seine Mutter. „Was gibt's? fragte sie. „Ein armer schiffbrüchiger Seemann bittet um Obdach." „Kommt herein und wärmt